Pandemie

Schnell- und Selbsttests: So wie Zähneputzen

Schnell- und Selbsttests sollen helfen, Infektionsketten zu unterbrechen – so können sie im Alltag genutzt werden.

27.02.2021

Von Hajo Zenker & Michael Gabel

So sehen die Utensilien für den Selbsttest aus. Foto: Jens Schlueter/afp

So sehen die Utensilien für den Selbsttest aus. Foto: Jens Schlueter/afp

Mehr Schnelltests und ganz neu auch noch Selbsttests sollen der Verbreitung des Coronavirus entgegenwirken. Was wird das bringen, was wird das kosten?

Kann ich mich mit einem Selbsttest von Corona-Maßnahmen befreien? Genau das soll nicht passieren. Für Lothar Wieler, den Präsidenten des Robert-Koch-Instituts, sind Selbsttests „keine Wunderwaffe, aber ein weiteres Werkzeug“ in der Pandemiebekämpfung. Sie ergänzten Maßnahmen wie Abstand und Maske, könnten sie aber nicht ersetzen. Für Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) können die Laientests in einer konkreten Situation helfen, „etwa vor Konzert- oder Restaurantbesuchen oder auch vor Familienfeiern“. Letztlich folgt das der Überlegung, dass man mit vielen Tests mehr Ansteckungen entdeckt, so Infektionsketten unterbrechen kann, die Corona-Verbreitung einschränkt – bis viele Impfungen das Virus schließlich massiv ausbremsen.

Was werden Selbsttests kosten? Offizielle Verkaufspreise gibt es noch nicht. Zu erwarten sind Endverbraucherpreise von 10 bis 15 Euro. Ursprünglich wollte Spahn die Tests für einen Euro abgeben, was den Haushaltspolitikern von Union und SPD sauer aufstieß. Weshalb er nun die tatsächlichen Preise abwarten will. Danach müsse man ausrichten, „ob und in welchem Umfang bezuschusst werden sollte“.

Wo kommen die Tests her? Bisher zugelassen sind zwei chinesische Produkte sowie ein Test von Siemens Healthineers, der in den USA produziert wird. Siemens will zunächst Bund und Länder, etwa für Schulen und Pflegeheime, beliefern. Ab Mitte März werde es den Test für jedermann geben. Die chinesischen Produkte, offenbar millionenfach auf Lager, dürfte man früher bekommen. Drogerieketten wie dm oder Discounter wie Aldi erklärten, „schnellstmöglich“ oder „in Kürze“ Tests anzubieten.

Was ist der Unterschied von Schnelltests und Selbsttests? Schnelltests werden von geschultem Personal durchgeführt. Dieses nimmt mit einem langen Stäbchen tief in der Nase oder im Rachen einen Abstrich. Das wird von vielen Getesteten als unangenehm empfunden. Dafür liegt dann im Unterschied zum genaueren PCR-Test bereits nach einer Viertelstunde ein Ergebnis vor. Das wird an das Gesundheitsamt gemeldet, man erhält einen Beleg. Den Selbsttest kann jeder allein durchführen. Bei den zugelassenen Tests reicht es, ein Bürstchen wenige Zentimeter in ein Nasenloch einzuführen, um eine Probe zu erhalten. Diese wird verdünnt und auf einen Teststreifen getropft. Dann wird auf ein rasches Ergebnis gewartet. Allerdings befinden sich unter den rund 50 Zulassungsanträgen auch Gurgel-, Spuck- und Lutschtests.

Wie sicher ist das? Auf dem Papier erstaunlich sicher. Siemens gibt an, dass in nicht einmal drei von 100 Tests ein falsch negatives Ergebnis vorkommen kann. Falsch positive Tests seien komplett ausgeschlossen. Aber das gilt nur, wenn die Gebrauchsanleitung befolgt wird. Die Notärztin Lisa Federle, die in Tübingen ein erfolgreiches Test-Konzept realisiert hat, fordert deshalb gute Aufklärung. Ein wichtiger Unterschied zu PCR ist, dass die Selbsttests vor allem bei hoher Viruslast anschlagen. Ein negativer Test muss also nicht heißen, dass man das Virus nicht schon in sich trägt.

Planen zum Beispiel Konzertveranstalter schon mit den Tests? Mit den Selbsttests nicht. „Mit Tests, die von Laien zu Hause durchgeführt werden, wird sich die erwartete Infektionssicherheit bei Veranstaltungen nicht gewährleisten lassen“, so der Präsident des Bundesverbands der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft, Jens Michow, zu dieser Zeitung. Man benötige „Schnelltests, die von Gesundheitsämtern als valide anerkannt werden“. Die müssten von geschultem Personal vor Ort durchgeführt, die Ergebnisse aufgezeichnet werden. Loslegen wolle man so bald wie möglich. Nur seien die versprochenen Schnelltests noch nicht auf dem Markt. „An den Kosten wird sich der Staat allerdings beteiligen müssen, denn weder Besucher noch Veranstalter werden sie alleine tragen können.“

Was ist, wenn ich mir den Selbsttest nicht zutraue oder er mir zu teuer ist? Dann muss man darauf hoffen, dass die eigentlich von Jens Spahn bereits ab 1. März versprochenen kostenlosen Schnelltests in Testzentren, Praxen oder Apotheken doch noch kommen. Die Entscheidung darüber ist auf den 3. März verschoben worden. Für Lisa Federle jedenfalls ist massenhaftes Testen der richtige Weg. Testen müsse so selbstverständlich werden wie Zähneputzen.

Richtig testen

Richtig testen

Zum Artikel

Erstellt:
27.02.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 02sec
zuletzt aktualisiert: 27.02.2021, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport
Newsletter Recht und Unrecht
Sie interessieren sich für Berichte aus den Gerichten, für die Arbeit der Ermittler und dafür, was erlaubt und was verboten ist? Dann abonnieren Sie gratis unseren Newsletter Recht und Unrecht!