Kommentar zum Konlikt um Nord Stream 2
Richtiger Umweg
Mit dem Amtsantritt von Joe Biden als US-Präsident dürfte vieles in den deutsch-amerikanischen Beziehungen einfacher werden, aber längst nicht alles. Zu den bleibenden Konfliktthemen gehört die Ostseepipeline Nord Stream 2 zwischen Russland und Deutschland.
Berlin. Denn da sind sich in den USA Demokraten und Republikaner einig im Willen, sie unbedingt verhindern zu wollen.
Das offizielle Argument, die Bundesrepublik werde zu stark abhängig von russischem Gas, ist schlicht vorgeschoben. Selbst im tiefsten Kalten Krieg haben die Russen nie damit gedroht, den Gashahn zuzudrehen, geschweige denn, dass sie es je getan hätten. Es geht den Amerikanern schlicht ums Geschäft: Sie wollen uns ihr teures Flüssiggas verkaufen. Dass sie deswegen allen Firmen, die sich am Bau beteiligen, mit Sanktionen drohen, gehört zu den abenteuerlichen Kapiteln der internationalen Politik. Das können sich nur die USA mit ihrer Wirtschaftsmacht erlauben. Wenn es Deutschland im umgekehrten Fall versuchen würde, wäre die Wirkung bescheiden.
Um das Dilemma zu lösen, greift Mecklenburg-Vorpommern zu einem ähnlich abenteuerlichen Trick und gründet eine Stiftung für den Fertigbau. Denn staatliche Institutionen müssen keine Sanktionen befürchten. Wenn es der Sache dient, ist dieser Umweg richtig, auch wenn es beschämend ist, dass nur so die Investition nicht zum Milliardengrab wird und der Nachschub gesichert wird. Erdgas wird noch einige Zeit gebraucht. Die Amerikaner sollten endlich akzeptieren, dass Europa energiepolitisch eigenständig ist, statt sich weiter zu überlegen, wie sie Nord Stream 2 doch noch verhindern können.