Tübingen

Grüne brechen auf allen Ebenen mit Boris Palmer

Seine Äußerung über Ältere in der Coronakrise kosten den Oberbürgermeister von Tübingen die Unterstützung seiner Partei bei der nächsten Wahl.

05.05.2020

Von Gernot Stegert

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer in der Kritik. Bild: Hans-Jörg Schweizer

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer in der Kritik. Bild: Hans-Jörg Schweizer

Boris Palmer steht ohne politische Basis da. Die Grünen ziehen auf allen Ebenen einen Schlussstrich mit dem umstrittenen Mitglied. Bei der Tübinger Oberbürgermeisterwahl 2022 müsste Palmer ohne die Unterstützung seiner Partei auskommen. Das haben nach den Bundes- und Landesvorständen am Montag jetzt auch die Vertreter vor Ort erklärt.

Der Kreisvorstand von Bündnis 90/Die Grünen begrüßt die Statements von Bundes- und Landesvorstand und schreibt: „Der Kreisvorstand Tübingen wird Boris Palmer bei Kandidaturen um politische Ämter zukünftig nicht mehr unterstützen. Über weitere Schritte werden wir in enger Abstimmung mit dem Landesvorstand beraten.“ Erneut habe sich der Vorstand distanzieren müssen, „da seine Aussagen nicht mit den Grundsätzen und der Programmatik unserer Partei vereinbar sind und damit der Partei schaden.“

Die Tübinger Gemeinderatsfraktion von AL/Grünen rang bis in die Nacht zum Dienstag um eine Entscheidung und vertagte sich auf den Vormittag. Am Mittag kam folgende Erklärung: „Die Partei hat auf allen Ebenen mit ihm gebrochen. Die Gemeinderatsfraktion konnte aber nicht zu einem eindeutigen Ergebnis gelangen.“ Die Haltungen seien kontrovers, die Mehrheit ist kritisch: „Ein kleiner Teil der Fraktion würde ihn auch bei der möglichen erneuten Kandidatur unterstützen, für einen großen Teil der Fraktion ist dies nicht mehr vorstellbar, andere sind noch unschlüssig.“

Spagat der Gemeinderatsfraktion

Im Text der Pressemitteilung spiegelt sich das Ringen: „Es ist mal wieder eine schwierige Situation. Wir halten zwar die Diskussion, die er führen will für wichtig und richtig, denn Politik muss eine Debatte führen und abwägen dürfen über die Risiken der Ansteckung einerseits und des wirtschaftlichen Stillstands andererseits, aber natürlich ohne einzelne Gruppen abzuwerten. Diese wiederholten Entgleisungen auf Kosten von einzelnen Gruppen, sind eine sehr große Belastung für die Fraktion, auch wenn Boris Palmer als Oberbürgermeister eine sehr gute Verwaltungsarbeit leistet. Aber das steht auf einem anderen Blatt.“

Die Fraktion sieht sich zudem in einer anderen Rolle als die Parteigremien: „Während Bundesvorstand, Landesvorstand und eben auch Kreisvorstand und Stadtverbandsvorstand die Partei repräsentieren und deren Linie und Werte vertreten, ist es die Aufgabe einer Gemeinderatsfraktion mit der Verwaltungsspitze zusammenzuarbeiten, um den politischen Willen der Wähler/innen umzusetzen. Dennoch steht sie natürlich auch für eben die Linie und Werte einer Partei.“ Die Fraktion schreibt vom „Spagat“ und sieht die Parteivertreter in der Pflicht: „Der Stadtverband ist für die Nominierung zuständig, die Gemeinderatsfraktion konzentriert sich weiterhin auf ihre eigentlichen Aufgaben.“

Der Stadtverband teilte mit: „Selbstverständlich haben wir als die Partei, die die größte Fraktion im Gemeinderat stellt, den Anspruch, auch den Oberbürgermeister oder die Oberbürgermeisterin zu stellen. Wie wir diesen Anspruch verfolgen, klären wir zusammen mit unseren Mitgliedern.“ Über das weitere Vorgehen werde heute Abend beraten.

Die Grüne Jugend Tübingen ist auch für Konsequenzen. Der Satz „und weitere in der Vergangenheit getätigte Aussagen sind unvereinbar mit den Grundwerten der Grünen, so dass sich die GJ Tübingen auf Kreisverbandebene entsprechend dafür einsetzt, Sanktionen gegen Palmer zu erwirken“.

Palmer sagte dem TAGBLATT im Interview, ob er 2022 wieder kandidieren werde, sei noch offen.

Fraktionsvorsitz

Christoph Joachim hatte seinen Rücktritt als Fraktionsvorsitzender in der Doppelspitze mit Asli Kücük erklärt. Das habe nichts mit Palmer zu tun, betonte er, sondern habe er schon vor einem Jahr bei seiner Wahl angekündigt. Es sollten „Jüngere ran“. Doch bleibe er nun „auf Bitten der Fraktion vorerst im Amt, bis wieder normale Zeiten anbrechen“.

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Erstellt:
05.05.2020, 15:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 44sec
zuletzt aktualisiert: 05.05.2020, 15:00 Uhr

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