Schon immer ein Nadelöhr
Die Neckargasse ist eine der ältesten Tübinger Straßen
Die Neckargasse, früher auch als Neckarsteige bezeichnet, gehört zu den ältesten Tübinger Straßen. Schon in staufischer Zeit vermittelte sie den Weg von der Neckarbrücke beziehungsweise einer älteren Furt hinauf ins Innere der Stadt.
Tübingen. An ihrem unteren Ende stand bis 1805 das turmbewehrte Neckartor. Ihr oberes Ende führt bis heute um den Chor der Stiftskirche herum. Früher dürfte die Straße im steileren Bereich allerdings anders verlaufen sein, denn die Kirche war im hohen Mittelalter noch weitaus kleiner. Die obere Neckargasse zählte in alter Zeit zu den besseren Wohnlagen der Stadt. Unter den Bewohnern finden sich damals vor allem höhere Beamte und Professoren. In den kleineren Häusern weiter unten lebten dagegen meist einfache Handwerker. Seit dem 18. Jahrhundert gab es in der Neckargasse auch auffallend viele Gaststätten, die ihre Existenz der guten Lauflage am Ein- und Ausgang der Stadt verdankten.
So unglaublich es klingen mag: Bis zum Bau der Mühlstraße (1885) war die Neckargasse die Hauptdurchgangsstraße durch das alte Tübingen. Ob Mensch oder Fuhrwerk – alle mussten durch diese enge, steile Passage hindurch. Deshalb war es auch wichtig, dieses Nadelöhr möglichst sauber zu halten. Dazu diente früher das Abwasser des Georgsbrunnens auf dem Holzmarkt. Es konnte von Zeit zu Zeit in einer Rinne durch die Neckargasse geschwemmt werden und spülte den Dreck einfach aus der Stadt hinaus.
Der zunehmende Autoverkehr nach dem Zweiten Weltkrieg ließ die Neckargasse allmählich zur qualvollen Staustrecke verkommen. Im November 1971 erfolgte schließlich die Sperrung tagsüber für den automobilen Verkehr und 1975 der Umbau zur Fußgängerzone.Bilder: Stadtarchiv
Mit diesem Beitrag starten wir eine Reihe von Beiträgen zur Geschichte der Neckargasse. Anlass ist deren Sanierung. Autor ist der Tübinger Stadtarchivar Udo Rauch.
Zum Dossier: Die Tübinger Neckargasse