Tübingen · Biotech
Curevac erweitert in Tübingen
Der Impfstoff-Hoffnungsträger Curevac will kurzfristig 200 Beschäftigte aufbauen und seine Produktion vervielfachen – beides wesentlich am Stammsitz.
In den vergangenen Monaten hat das Biotech-Unternehmen über mehrere Finanzierungsrunhunderte Millionen von Investoren eingesammelt, darunter Health-Konzerne wie GlaxoSmithKline und staatliche Geldgeber wie die Bundesregierung über ihre Bank KfW. Auch Curevac-Förderer Dietmar Hopp hat über seine Dievini Holding noch einmal Geld zugeschossen. Weitere Liquidität kam etwa über die europäische Investitionsbank EIB ins Haus. Zuletzt sammelte Curevac mit seinem weithin beachteten Börsengang am Freitag mehrere hundert Millionen Euro ein.
Ein Großteil dieser Beträge fließt in Entwicklung und Produktion des möglichen Covid-Impfstoffs sowie ins Personal. Curevac hat seit 2018 bereits rund 200 Arbeitsplätze an den Standorten Tübingen, Frankfurt und Boston geschaffen. Das Unternehmen hat aber immer deutlich gemacht, dass es eine Erweiterung auch mit den anderen Unternehmensschwerpunkten vorhat, die allesamt mit der RNA-Technologie arbeiten. Dazu sucht Curevac in den kommenden 24 Monaten sehr breit im Bereich der Produkt-Forschung und -Entwicklung sowie der klinischen Entwicklung: etwa Bioinformatiker, Wissenschaftler, Projekt-Manager, Manager für klinische Studien. Für die Produktion schafft Curevac Beschäftigung für Laboranten, Technische Assistenten und Ingenieure. Aufgrund der Expansion in allen Unternehmensteilen wächst auch der administrative und kaufmännische Teil.
Bei der Produktion ist Curevac bislang noch auf den Output der bestehenden Einrichtungen angewiesen, die seit dem Einstieg der Bill-and-Melinda-Gates-Foundation im Jahr 2015 aufgebaut wurden. Die so genannten GMP-III-Anlagen befinden sich in der Tübinger Paul-Ehrlich-Straße, produzieren seit März eine Menge Impfstoff und sollen mindestens verdoppelt werden. „Im günstigen Fall“, so Haas, „ist die Multiplikation der GMP-III-Anlagen Ende erstes, Anfang zweites Quartal 2021 abgeschlossen. Alle Anlagen, die wir hätten, würden dann den Covid-19-Impfstoff produzieren können. Das würde es uns dann bis Ende des Jahres 2021 ermöglichen, einen signifikanten dreistelligen Millionenbetrag an Impfstoffdosen verfügbar zu machen.“ Einen großindustriellen Maßstab wird Curevac nach Auskunft von Haas aber erst 2022 erreicht haben: Die von der EU mitfinanzierte GMP-IV-Anlage könne dann über eine Milliarde Dosen im Jahr produzieren, ebenfalls von Tübingen aus.
Die Heimat im Tübinger Technologiepark sei nach der Eröffnung der neuen Zentrale im April bis auf Weiteres fix gebucht (siehe Infobox), sagt Haas – und ergänzt nur ein kleines Fragezeichen: „Ob die jetzigen Flächen reichen, müssen wir evaluieren. Zunächst mal haben wir das neue Gebäude hier – und dann sind wir ja auch noch im alten Gebäude. Direkt vor der Zentrale haben wir ebenfalls noch Potenzial. Langfristig wäre es natürlich schön, wenn wir beim Wachstum alle Leute am Standort nahe beieinander haben.“
Neben diesem Artikel wird das TAGBLATT in der Ausgabe vom Mittwoch, 19. August, einen Themenschwerpunkt zu Curevac haben. Dazu zählen unter anderem eine Reportage vom Tübinger Firmensitz sowie fünf wichtige Fragen an Firmenchef Haas (siehe unten: „Mehr zum Thema“).
Standort Tübingen? „Hier ist die Wissenschaft“
Erst im April hat Curevac seine Zentrale in der Friedrich-Miescher-Straße 15 im Tübinger Technologiepark eröffnet. Das Unternehmen profitiere von der Lage in Baden-Württemberg, der Nähe zu Stuttgart und auch zur Tübinger Universität, so Haas: „Hier ist die Wissenschaft.“ Sogar von der jüngeren und älteren Uni-Geschichte profitiere Curevac im Sinne der Marken-Identität. Der Standort Tübingen, so Franz-Werner Haas, stehe nicht zur Disposition: „Tübingen ist sicher und verträglich - wie unser Impfstoff.“ Hier bleibe die Produktion und der Hauptsitz und hier würden dann auch Steuern gezahlt.
Zum Dossier: Curevac: Die Tübinger Impfstoff-Hoffnung