Curevac

„Gar nicht so schlecht“

Chef Franz-Werner Haas verteidigt den Impfstoff trotz 48-prozentiger Wirksamkeit. Die Lieferung an die EU hängt von der Zulassung ab.

02.07.2021

Von THOMAS VEITINGER

Curevacs Impfstoff wurde aus der deutschen Impfkampagne gestichen. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Curevacs Impfstoff wurde aus der deutschen Impfkampagne gestichen. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Tübingen. Noch eine Hoffnung weniger: Die Wirksamkeit des Corona-Impfstoffs des deutschen Pharmaunternehmens Curevac bleibt unbefriedigend. Vor zwei Wochen wurde in einer nicht abgeschlossenen Studie eine Wirksamkeit von nur 47 Prozent festgestellt. In der nun fertigen Auswertung liegt dieser Wert lediglich ein Prozent höher, teilte das Tübinger Unternehmen mit. Der Impfstoff wurde bereits aus der laufenden deutschen Impfkampagne gestrichen, für 2022 ist er wohl nicht vorgesehen.

Eine signifikante Schutzwirkung hat sich laut Curevac bei Studienteilnehmern in der Altersgruppe zwischen 18 und 60 Jahren gezeigt. In dieser Gruppe lag die Wirksamkeit bei 53 Prozent gegen „Erkrankungen jeglichen Schweregrades“.

Das Vakzin schütze mit einer Wirksamkeit von 77 Prozent gegen einen moderaten und schweren Krankheitsverlauf und biete 100-prozentigen Schutz vor einem Krankenhausaufenthalt oder einem tödlichen Verlauf der Infektion, heißt es von dem Unternehmen. „Im Vergleich zu saisonalen Grippeimpfstoffen ist das gar nicht so schlecht“, sagte Vorstandschef Franz-Werner Haas in einer Online-Pressekonferenz.

„Die Population der 18- bis 60-Jährigen ist besonders begünstigt von unserem Impfstoff“, berichtete der ehemalige Vorstand für das operative Geschäft bei Curevac. Das könne bei der Zulassung durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) helfen. Entsprechende Gespräche seien schon geführt worden.

Aktienkurs bricht ein

Die EMA hatte in der Vergangenheit betont, dass klinische Studien mindestens 50 Prozent Wirksamkeit erreichen müssten. An sich gebe es aber keine genau festgelegte Schwelle. Im Zusammenhang mit den neuen Virusvarianten müssten die Daten sehr gut geprüft werden, hieß es aus Amsterdam.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach geht jedoch nicht von einer Zulassung durch die EMA aus. „Mit der geringen Wirksamkeit von 48 Prozent wäre der Curevac-Impfstoff nicht einsetzbar in Deutschland“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Wenn es Impfstoffe gibt, die so viel stärker sind, wie Moderna und Biontech, wie mit Abstrichen auch Johnson & Johnson und Astrazeneca, dann gibt es keinen Platz für einen Impfstoff, der nicht so gut ist“

Bei einer Nichtzulassung könnte Curevac Lieferverträge mit der EU über 225 Millionen Dosen nicht erfüllen. Das dürfte wiederum starke wirtschaftliche Auswirkungen auf das Unternehmen haben. Der Aktienkurs brach gestern zeitweise um bis zu 14 Prozent ein, der Verlust halbierte sich aber später wieder.

Curevac hinkt mit seinem Impfstoff, der wie bei Biontech und Moderna auf Messenger-RNA (mRNA) beruht, Konkurrenten hinterher. Biontech und Moderna waren mit ihren Vakzinen sehr viel schneller und erzielen damit auch jetzt noch weitaus bessere Ergebnisse.

Die müssten aber laut Ulrike Gnad-Vogt relativiert werden. Es gebe Berichte über Infektionen nach zweifacher Impfung, sagte die Interims-Entwicklungsvorständin. Zudem seien die Berechnungen nicht identisch, bei leichten Symptomen sei es schwerer, eine Wirksamkeit zu zeigen – bei Curevac seien bereits Symptome wie Kopfschmerz als Covid-Fall eingestuft worden.

„Schneller Geld einsammeln“

Gründe für den späten Start von Curevac waren fehlende Partner, zu geringe Finanzmittel und Schwierigkeiten beim Einkauf von Maschinen und anderer Produkte auf dem Weltmarkt. Gefragt, was er rückblickend anders machen würde, antwortete Haas: Schneller nach einem Partner schauen und Geld einsammeln.

Hauptnachteil der Spätstarter ist aber die Vielzahl von Virusvarianten. Es sei ein Unterschied, ob eine spezifische Variante untersucht werde oder eine Studie in 10 Ländern mit 15 unterschiedlichen Varianten. Blende man aus, dass es bereits andere Impfstoffe gebe, seien die Ergebnisse „gar nicht so schlecht“, sagte Haas. Der Impfstoff war auf die ursprüngliche Wuhan-Variante optimiert, die aber in Südamerika mit Beginn der Studie innerhalb kürzester Zeit verschwand.

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Erstellt:
02.07.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 45sec
zuletzt aktualisiert: 02.07.2021, 06:00 Uhr

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