Tübingen · Spekulation
Wohnen soll kein Luxus sein
Das Wohnraumbündnis Tübingen fordert ein Vorkaufsrecht der Stadt.
Den Verkauf des Hauses and der Ecke Ulrichstraße/Eugenstraße an einen Investor (wir berichteten) nimmt das Wohnraumbündnis Tübingen zum Anlass für einen offenen Brief an die Tübinger Bundestags- und Landtagsabgeordneten, die Gemeinderatsfraktionen und die Stadtverwaltung. Darin fordert das Bündnis in Anlehnung an bundesweite Mieterinitiativen eine sichere Rechtsgrundlage für die Ausübung des Vorkaufsrechts, eine Zwischenlösung für Häuser in Erhaltungsgebieten, die verkauft werden, die Einhaltung der bereits geschlossenen Abwendungsvereinbarungen und eine Zwischenlösung für klageanhängige Vorkaufsfälle.
In dem Brief heißt es zur Begründung, dass Tübinger Mieter immer wieder erleben müssten, wie die Häuser, in denen sie wohnen, verkauft und als Spekulationsobjekt missbraucht würden. „Die Folge sind Kündigungen, Sanierungen, Neuvermietungen zu viel höheren Mieten oder Weiterverkauf als Eigentumswohnungen.“
Es sei skandalös, dass es keine wirksamen kommunalen Instrumente gebe, „um gegen Immobilienspekulation und Mietenwahnsinn beim Verkauf von privaten Mietshäusern vorzugehen“. In anderen Städten bestünden Vorkaufsrechte der Kommune gegen solche spekulativen Hausverkäufe. Diese Städte hätten sogenannte Milieuschutzsatzungen oder soziale Erhaltungssatzungen erlassen.
Zudem habe im Juni 2021 die Bundesregierung das Baulandmobilisierungsgesetz beschlossen. Es solle neben der Verfügbarmachung von Bauland auch die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen erschweren und sehe ebenfalls ein Vorkaufsrecht vor. Dieses Gesetz müsse von den Bundesländern umgesetzt werden. In Baden-Württemberg sei das noch nicht geschehen.
Mit einem gültigen, wirksamen städtischen Vorkaufsrecht wäre es nach Ansicht des Wohnraumbündnisses im Fall des Hauses Ulrichstraße/Eugenstraße möglich gewesen, es mit der Tübinger Dachgenossenschaft zu bezahlbaren Mieten dauerhaft zu sichern.
Von den Adressaten möchte das Wohnraumbündnis wissen, wie sie sich auf Bundesebene für eine Neufassung des Vorkaufsrechts einsetzen, was sie für die Umsetzung des Baulandmobilisierungsgesetzes auf Landesebene – inklusive Vorkaufsrechten für Kommunen – tun und wie sie sich für die Einrichtung von Erhaltungssatzungen/Milieuschutzgebieten in Tübingen mit Vorkaufsrechten einsetzen.
Am Ende heißt es: „Wir wollen in einer Gesellschaft leben, in der Wohnen kein Luxus ist, sondern ein bezahlbares Grundgut, an dem alle Menschen teilhaben können – und nicht abgehängt und verdrängt werden. Wir erwarten, dass Politik und Verwaltung jetzt schnell und entschlossen handeln.“ ST