Corona

Was ersetzt die Inzidenz?

Experten und Parteien diskutieren, welcher Wert künftig zentral sein soll, um die Pandemielage zu beurteilen.

25.08.2021

Von HAJO ZENKER

Berlin. Die Ablösung der Sieben-Tage-Inzidenz als zentralem Wert für Corona-Maßnahmen soll in zwei Wochen vom Bundestag beschlossen werden. Ihre Ersetzung durch die Hospitalisierungsrate, also die Zahl der Covid-Krankenhaus-Einweisungen, sei „absolut richtig“ und sende „endlich ein Signal, transparent die aktuelle Lage zu kommunizieren“, sagte der CDU-Gesundheitspolitiker Michael Hennrich. Wie hoch der Schwellenwert bei der Hospitalisierung genau ausfalle, werde jetzt „in einem politischen Prozess“ zwischen Bund und Ländern festgelegt.

Aktuell meldete das Robert-Koch-Institut (RKI) 5747 neue Corona-Fälle, von denen 399 im Krankenhaus behandelt werden mussten. Als Sieben-Tage-Hospitalisierungsrate gab das RKI am Dienstag 1,38 Fälle pro 100 000 Einwohner an. Auf dem Höhepunkt der Pandemie lag der Wert bei über zehn.

Die Virologin Ulrike Protzer von der TU München sagt, dass derzeit über mögliche Grenzwerte von vier bis zwölf diskutiert werde. Laut Michael Hennrich müssten dann bei Überschreitung der letztlich festgelegten Werte Stufenpläne mit entsprechenden zusätzlichen Maßnahmen greifen. Sie dürften vor allem Menschen treffen, die nicht geimpft sind.

Meldepflicht erst seit Juli

Eine umfassende Pflicht, alle aufgenommenen Corona-Patienten an die Gesundheitsämter zu melden, besteht durch eine Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums für die deutschen Kliniken erst seit dem 13. Juli – zunächst für ein Jahr. Demnach sollen die Kliniken etwa Alter, Art der Behandlung und Impfstatus der Covid-Erkrankten mitteilen.

Einen zentralen Wert nur durch einen weiteren zentralen Wert zu ersetzen, stößt jedoch durchaus auf Skepsis. So sagt Andreas Gassen, Vorstandschef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, die Klinikbelegung allein heranzuziehen, sei zu wenig. „Wichtig sind zusätzliche Parameter wie regionale Impfquoten oder die Altersstruktur der Infizierten, um ein umfassendes Gesamtbild zu erhalten.“ Die Deutsche Krankenhausgesellschaft fordert einen umfassenderen Indikatorenmix, in dem neben Inzidenz und Hospitalisierungsrate sowie der Belegung von Intensivkapazitäten eine nach Altersgruppen aufgeschlüsselte Impfquote und die Positivrate an Corona-Tests vertreten sein sollen.

Unumstritten ist das Vorgehen auch in den Regierungsfraktionen nicht. So warf die Vize-Fraktionschefin der SPD, Bärbel Bas, der Union vor, monatelang Vorstöße der SPD ignoriert zu haben, die Inzidenzwerte, die „längst ausgedient“ hätten, abzuschaffen. Aber auch die SPD ist uneins: Ihr Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hält die geplante Neuordnung für ein „falsches Signal“. Die Krankenhauseinweisungen seien ein Indikator, der der Pandemie hinterherhinke.

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Erstellt:
25.08.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 07sec
zuletzt aktualisiert: 25.08.2021, 06:00 Uhr

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