Corona-Folgen
Steuerfalle Kurzarbeit: Fragen und Antworten
Wer 2020 Kurzarbeitergeld bezogen hat, muss eine Steuererklärung abgeben. Manchem droht eine Nachzahlung.
Wer arbeitet, soll nicht mehr Steuern bezahlen müssen als jemand, der gerade in Kurzarbeit ist. Foto: David Zorrakino/dpa
Was ist der Progressionsvorbehalt? Kurzarbeitergeld ist steuerfrei, genauso wie andere „Lohnersatzleistungen“ wie Arbeitslosengeld I, Elterngeld, Mutterschafts- oder Krankengeld. Das Gleiche gilt für Verdienstausfallentschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz. Alle haben eines gemeinsam: Sie erhöhen das verfügbare Einkommen. Da kommt der progressive Steuertarif ins Spiel: Mit dem Einkommen steigt der Steuersatz bis auf den Maximalwert von 42 Prozent. Das soll bei der Besteuerung berücksichtigt werden. Also addiert das Finanzamt das Gehalt und das Kurzarbeitergeld und ermittelt, welcher Durchschnittssteuersatz sich dafür ergibt. Dieser Satz wird dann allerdings nur vom Gehalt erhoben, nicht dagegen vom Kurzarbeitergeld.
Ist das nicht ungerecht? Nein, sagt der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lothar Binding. Er hatte im vergangenen Jahr intensiv geprüft, ob der Progressionsvorbehalt beim Kurzarbeitergeld für 2020 ausgesetzt werden sollte. Doch zusammen mit der Union kam er zum Ergebnis: Dadurch kämen Kurzarbeiter bei der Steuer zu gut weg. Andere Empfänger von Lohnersatzleistungen könnten gegen die Ungleichbehandlung klagen. „Es ist eine Frage der Gerechtigkeit anderen Arbeitnehmern gegenüber“, sagt Binding. Lohnersatzleistungen steigerten die persönliche Leistungsfähigkeit. „Daher darf man solche Steuerpflichtige nicht besser behandeln als diejenigen, die ein gleich hohes Einkommen erzielen, das sie voll versteuern müssen.“ Binding weiß aber auch, dass viele anders rechnen: Sie sehen nur auf ihr normales Einkommen und vergessen, dass ihr Steuersatz zu niedrig ist.
Lothar Binding (SPD) spricht während der 167. Sitzung des deutschen Bundestages zu den Abgeordneten. Thema ist die erste Lesung des Corona-Konjunkturpakets. +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: Kay Nietfeld/dpa
Wie lange habe ich für die Steuererklärung Zeit? Bis zum 31. Juli 2021 – wer Lohnsteuerhilfeverein oder einen Steuerberater einschaltet, noch länger. Wer nicht von sich aus aktiv wird, bekommt nach Angaben des Bundesfinanzministeriums eine schriftliche Erinnerung mit einer Frist für die Abgabe. Passiert trotzdem nichts, schätzt das Finanzamt aufgrund der übermittelten Daten und erlässt einen Steuerbescheid.
Wann winkt eine Steuererstattung, wann droht eine Nachzahlung? Das hängt sehr vom Einzelfall ab. Dabei spielt auch eine Rolle, ob Anderes wie die Fahrt zur Arbeit oder die Arbeit im Homeoffice abgesetzt werden kann. Unser Beispiel, das der Bund der Steuerzahler ausgerechnet hat, zeigt: Mit einer Nachzahlung muss tendenziell rechnen, wer voll in Kurzarbeit war, also – zumindest für einige Monate – gar nicht gearbeitet hat. Denn er hat kaum Lohnsteuer gezahlt. Wer dagegen beispielsweise nur zu 20 Prozent in Kurzarbeit war, dem winkt eher eine Erstattung. Bei der Beurteilung, ob das Ergebnis gerecht ist, muss man immer berücksichtigen, wie hoch die Steuerbelastung insgesamt unterm Strich ist.
Wie wird das Kurzarbeitergeld berechnet? Es beträgt 60 Prozent des Nettogehalts, also nach Abzug der Lohnsteuer und des Arbeitnehmeranteils zur Sozialversicherung. Sind Kinder vorhanden, sind es 67 Prozent. Im 4. Monat steigt es auf 70 (77) Prozent, im 7. Monat auf 80 (87) Prozent. Davon werden weder Steuer noch Beiträge zur Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung abgezogen; letztere übernimmt der Staat.