Notstand im Westen der Republik

Hochwasser: So rüsten sich Kommunen und Privatleute

Das Hochwasser in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz zeigt, dass sich Kommunen, aber auch Privatleute dringend besser vor extremen Wettereignissen schützen müssen.

17.07.2021

Von Dorothee Torebko

Kommunen, aber auch Privatleute sollen sich besser vor Wetterereignissen schützen, sagt Christian Kuhlicke vom Helmholtz-Zentrum in Leipzig. Symbolbild: Ulrich Metz

Kommunen, aber auch Privatleute sollen sich besser vor Wetterereignissen schützen, sagt Christian Kuhlicke vom Helmholtz-Zentrum in Leipzig. Symbolbild: Ulrich Metz

Was müssen Kommunen tun? Christian Kuhlicke vom Helmholtz-Zentrum in Leipzig ist es wichtig, die „Schwammfähigkeit“ von Landschaften und Städten zu vergrößern: „Je besser eine Landschaft Wasser speichern kann, desto weniger Wasser fließt in Flüsse und Bäche.“ Die Möglichkeiten der Speicherung sind vielfältig. So könnte in den Flusseinzugsgebieten Aufforstung betrieben werden. „In den Städten kann man auch einiges machen. Grüne Dächer können Wasser speichern. Man kann oberirdische Rückhaltebecken bauen und keine Flächen mehr versiegeln“, sagt Kuhlicke. Der Platz ist da: Speichermöglichkeiten könnten beispielsweise unter Parkanlagen gebaut werden. Zudem könnte man gezielt kleinere Senken bauen, die man volllaufen lässt. Solche Senken hätten einen weiteren Vorteil: Weil Städte in Zukunft mit immer krasseren Hitze-Sommern und Starkregenereignissen zu tun haben, könnte das gespeicherte Wasser für die Bewässerung der Vegetation in Trockenzeiten genutzt werden.

Was geschieht in Sachen Hitzeschutz? Da sind viele Städte bereits aktiv. In einem Quartier in Erfurt wurden im Rahmen eines Forschungsprojekts Bäume und große Sträucher gepflanzt, um die von Überhitzung betroffenen Bereiche durch mehr Grün zu verbessern. Auch der Einsatz von Sprühnebel und der Bau von Pergolen sind Möglichkeiten. Die Digitalisierung kann helfen: Über Apps wie die des Hitzewarndienstes des Deutschen Wetterdienstes werden Städter über Hitzeperioden informiert.

Braucht es zur Umsetzung der Maßnahmen eine rechtliche Regelung? Der Leipziger Forscher sieht den Gesetzgeber in der Pflicht: „Man braucht ähnliche Programme wie im Bereich der klimaeffizienten Sanierung.“ Hier könnten die Versicherungen eine Rolle spielen. Je besser das Haus auf Starkregenereignisse vorbereitet ist, desto geringer die Versicherungsrate, schlägt Kuhlicke vor.

Wie schützen Privatleute ihr Haus am besten vor Hochwasser? Wolfram Geier vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe rät dazu, im Zweifelsfall zunächst bei der Kommune nachzufragen, ob man in einem hochwasser- oder starkregengefährdeten Bereich lebt. Falls ja, sei es sinnvoll, etwa die elektrischen Anlagen vom Keller nach oben verlegen zu lassen, die Gas- oder Heizöltanks zu sichern, Lichtschächte abzudichten, wasserdichte Kellerfenster und -türen sowie Rückstauventile einzubauen. Nützlich sind auch ein batteriebetriebenes Radio und ein Gaskocher, für den Fall, dass der Strom ausfällt, sagt Geier im Gespräch mit dieser Zeitung. Wasser-, Lebensmittel- und einen kleinen Medikamentenvorrat anzulegen, empfiehlt er ausdrücklich.

Und wenn das Wasser schon gefährlich steigt? Dann soll man frühzeitig, bevor das Wasser das Haus erreicht, zumindest den Keller von allem räumen, was man retten will. Außerdem müssen elektrische Geräte ausgeschaltet werden. Und Fenster und Türen sollten mit Folien wasserdicht abgeklebt werden. Vorsicht: Keller können ebenso wie Tiefgaragen blitzschnell volllaufen und so zur tödlichen Falle werden.

Wie werden Häuser vor Sturm geschützt? „Wichtig ist, dass das Dach regelmäßig überprüft wird“, sagt Geier. Dabei solle „auf lose, kaputte Ziegel und auf sonstige Angriffsflächen für den Wind“ geachtet werden. Zudem sollten bei drohender Gefahr „fliegende Wurfgeschosse“ entfernt werden, zum Beispiel Balkonkästen oder Sonnenschirme.

Beim aktuellen Hochwasser hilft die Bundeswehr

Die Bundeswehr war am Freitagmittag mit rund 900 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz und löste „militärischen Katastrophenalarm“ aus. Das Verteidigungsministerium ging aber davon aus, dass die Zahl der eingesetzten Kräfte noch „deutlich steigen“ werde. Ministern Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ordnete an, die Priorität der Armee auf die Katastrophenhilfe zu legen und andere Aufträge mit Ausnahme der Auslandseinsätze hintanzustellen. Benötigt wurde vor allem schweres Gerät, also Bergepanzer und Radlader sowie Lkw, die sich auch in tiefem Wasser sicher steuern lassen. Darüber hinaus stellte die Bundeswehr Rettungs- sowie Sanitätshubschrauber, sowie Feldbetten und Schlauchboote bereit.

Zum Artikel

Erstellt:
17.07.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 47sec
zuletzt aktualisiert: 17.07.2021, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.
Aus diesem Ressort

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport
Newsletter los geht's
Nachtleben, Studium und Ausbildung, Mental Health: Was für dich dabei? Willst du über News und Interessantes für junge Menschen aus der Region auf dem Laufenden bleiben? Dann bestelle unseren Newsletter los geht's!