Nazi-Parolen
Sylter Skandalvideo hat für die Beteiligten Folgen
Zwei der Gefilmten verlieren ihre Jobs. Übers Wochenende werden mehrere weitere Fälle von rassistischen Gesängen bekannt.
Die rassistischen Gesänge junger Partygäste auf Sylt alarmieren die Politik und schüren Ängste vor einem Rechtsruck bis hinein in die gesellschaftlichen Eliten. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sagte am Wochenende, menschenfeindliche Ideologie sei inzwischen ganz offensichtlich „Teil der Popkultur“. Und sie sei in Milieus salonfähig, denen klar sein müsse, dass Ausländer maßgeblich zum Wohlstand beitrügen.
Die bekannte Bar „Pony“ im Inselort Kampen auf Sylt hat nach Bekanntwerden des kurzen Videos Strafanzeige gestellt, der Staatsschutz der Polizei ermittelt wegen Volksverhetzung und des Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen. Einer der Beteiligten, der in dem Video eine Geste andeutet, die an den Hitlergruß denken lässt, schrieb laut „Bild“ in sozialen Medien: „Alle, die wir damit vielleicht verletzt haben, bitte ich um Entschuldigung.“ Er habe einen „ganz schlimmen Fehler“ gemacht und schäme sich. Er gab demnach an, sich der Polizei gestellt zu haben und die rechtlichen Konsequenzen tragen zu wollen.
In dem Video, das am Donnerstag viral gegangen war und an Pfingsten entstanden sein soll, ist zu sehen und zu hören, wie junge Menschen zur Melodie des mehr als 20 Jahre alten Party-Hits „L’amour toujours“ von Gigi D‘Agostino rassistische Parolen grölen. Augenscheinlich ungeniert und ausgelassen singen sie „Deutschland den Deutschen – Ausländer raus!“. Von den Umstehenden scheint sich niemand daran zu stören.
Für einige Beteiligte hatte das Gegröle ein schnelles Nachspiel: Die Werbeagentur-Gruppe Serviceplan Group erklärte, sie habe einen beteiligten Mitarbeiter fristlos entlassen. Auch die Hamburger Influencerin Milena Karl entließ nach eigenen Angaben eine Mitarbeiterin, die dabei war. „Ich bin selbst Migrantin und als werdende Mutter steht alles, was in diesem Video zu sehen ist, für eine Gesellschaft, in der ich mein Kind nicht großziehen möchte.“
Auch der Club „Rotes Kliff“ im Nobelort Kampen berichtete von einem „Rassismus-Vorfall“ an Pfingsten. Die betroffenen Personen seien des Clubs verwiesen worden und hätten jetzt Hausverbot, schrieben die Betreiber am Freitag auf Instagram. Doch Sylt ist kein Einzelfall. Schon in den vergangenen Monaten gab es immer wieder Vorfälle, bei denen zu dem Lied Nazi-Parolen gerufen wurden – etwa in Bayern und Mecklenburg-Vorpommern.
Weitere rassistische Vorfälle
In Erlangen skandierten – wie auf Sylt – zwei Männer auf der Bergkirchweih rassistische Parolen zum Lied „L‘amour toujours“. Wie die Polizei am Samstag mitteilte, bekamen die Verdächtigen im Alter von 21 und 26 Jahren am Freitagabend ein Betretungsverbot. Die Festwirte distanzierten sich von dem Vorfall, das Lied soll dort nicht mehr gespielt werden. Der Staatsschutz ermittelt.
Schon am Freitag wurde bekannt, dass es ebenfalls an Pfingsten in Niedersachsen zu einem ähnlichen Fall gekommen war. Auch auf dem Schützenfest im niedersächsischen Löningen westlich von Cloppenburg wurden rassistische Parolen gegrölt, auch zu „L’amour toujours“.
Gigi D’Agostino stellt Bedeutung klar
DJ Gigi D‘Agostino hat betont, dass es in seinem Song ausschließlich um Liebe geht. „In meinem Lied „L‘amour toujours“ geht es um ein wunderbares, großes und intensives Gefühl, das die Menschen verbindet. Es ist die Kraft der Liebe, die mich hochleben lässt“, teilte D‘Agostino am Samstag auf Anfrage mit.
Den Titel (zu Deutsch: „Liebe immer“) habe er gewählt, weil sich all die Liebe nicht in ein paar Augenblicken oder in einem Tag, einem Monat, einem Jahr zusammenfassen lasse. „Das ist die einzige Bedeutung, die mein Lied hat“, so D‘Agostino.