Die Intelligenz der Zukunft

Science Fiction soll im schwäbischen Cyber Valley Realität werden

In Tübingen und Stuttgart entsteht das Cyber Valley: Hier soll das Undenkbare gedacht und Science-Fiction Realität werden.

10.07.2017

Von Angelika Bachmann

Wie lernt ein Auto sehen und Situationen richtig einschätzen? – Eine von vielen Fragen, an denen Industrie und Forschung gemeinsam arbeiten. Bild: Bosch

Wie lernt ein Auto sehen und Situationen richtig einschätzen? – Eine von vielen Fragen, an denen Industrie und Forschung gemeinsam arbeiten. Bild: Bosch

Wer baut das Auto der Zukunft? Google oder Mercedes Benz? Vielleicht ist diese Frage, über die schon viel diskutiert wurde, bald schon nebensächlich. Weil man vielleicht bald darüber redet, ob überhaupt noch jemand Autos baut, die dem entsprechen, was man sich gemeinhin unter einem Auto vorstellt. Ist das Auto der Zukunft noch in erster Linie ein Transportmittel? Oder eher eine persönliche, mobile Zone? Wie sieht überhaupt die Mobilität der Zukunft aus? Das fragt sich Michael Black. Der Direktor am Tübinger Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme ist Sprecher des Cyber Valley. Dieser Verbund aus Forschern und Industrie, gefördert durch das Land, will die Region zum Zentrum für intelligente Systeme und künstliche Intelligenz machen.

Die treibenden Akteure sind Forscher des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Tübingen und Stuttgart sowie der Universität Tübingen, die bereits jetzt über Roboter, künstliche Intelligenz oder maschinelles Lernen forschen. Mit Partnern aus der Industrie – unter anderem Daimler, Porsche, Bosch oder Facebook – wollen sie ein „neues Modell der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft“ etablieren.

Was diese Formel genau bedeutet, muss die Zukunft erst zeigen. Zur Wunschvorstellung gehört aber sicher, dass etwas Ähnliches passiert wie im Silicon Valley, dass aus den vielen brillanten Ideen von jungen Forschern und Spezialisten außerhalb der Universität eine „Start up“-Kultur mit jungen Unternehmen entsteht. Ähnlich wie es im Biotech-Bereich in Tübingen bereits der Fall ist. „Tübingen kann aber mehr als Biotech“, sagt Michael Black. Und mit Ressourcen der Forschungseinrichtungen und der Industrie hat die Region durchaus das Zeug, zu einem internationalen Zentrum für künstliche Intelligenz zu werden, findet Black.

Nach der Auftakt-Veranstaltung im Dezember in Stuttgart beginnt jetzt die Aufbauarbeit. Und das heißt vor allem, die besten Leute für das Tübinger-Stuttgarter Projekt zu gewinnen – mit das Schwierigste an dem ganzen Unterfangen, weil Google und Facebook mit ihren hervorragenden Angeboten die meisten klugen Köpfe aufsaugen. Allerdings sei das hiesige Projekt groß und ambitioniert genug, um international gut sichtbar zu sein. „Und Trump und der Brexit helfen uns sehr“, sagt Black. Deutschland habe als Forschungsstandort wieder an Attraktivität gewonnen. Derzeit werden neue Forschungsgruppen, Lehrstühle und eine Schule für Doktoranden geschaffen. Tübingen erhält eine Stiftungsprofessur für maschinelles Lernen, gefördert von der Robert Bosch GmbH. Den Stiftungslehrstuhl der Uni Stuttgart zum Thema Entrepreneurship in der digitalen Transformation finanziert die Daimler AG. Acht weitere Lehrstühle sollen folgen.

Die Arbeitsfelder der künftigen Forschergruppen kreisen um eine zentrale Frage: Wie können künstliche intelligente Systeme in einer komplexen Umwelt agieren? Wie können sie wahrnehmen, lernen oder handeln? Zu den wichtigen Themen gehört dabei das autonome Fahren.

Anderes, was die Materialforscher des Max-Planck-Instituts bearbeiten, liest sich jetzt noch wie Science-Fiction. Etwa Forschung über intelligente Mikroorganismen, die in der Medizin eingesetzt werden und im Körper zielgenau den Ort finden, wo ein Medikament wirken soll. Oder Roboter, die eine Art von haptischer Intelligenz entwickeln, also die Dinge über das Greifen begreifen können – worüber die Stuttgarter MPI-Forscherin Katherine Kuchenbecker arbeitet.

„Science Fiction becomes Science Facts“ – Science-Fiction wird schneller zur Realität, als man annehmen würde, sagt Michael Black. Oder wer hätte vor 15 Jahren noch gedacht, dass bald jeder einen Supercomputer als Smartphone in seiner Tasche herumträgt? Black: „Die Dinge verändern sich mit einer Geschwindigkeit, die unglaublich ist.“

„Wir konkurrieren alle um die klügsten Köpfe“, sagt der MPI-Direktor Michael Black. Kommen diese nach Tübingen oder gehen sie ins Silicon Valley? Bild: Metz

„Wir konkurrieren alle um die klügsten Köpfe“, sagt der MPI-Direktor Michael Black. Kommen diese nach Tübingen oder gehen sie ins Silicon Valley? Bild: Metz

„Deep Learning“ bringt neue Möglichkeiten

Zu den wichtigsten Entwicklungen auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz gehört derzeit das „Deep Learning“. Bei dieser Art „vertieftem Lernen“ werden künstliche neuronale Netze dazu genutzt, um aus gigantischen Datenmengen auf mehreren Ebenen Merkmale und Kategorien zu bilden. Dadurch können Computer mittlerweile Leistungen vollbringen, an denen die künstliche Intelligenz früherer Generationen gescheitert ist: etwa Gesichter oder Sprache zu erkennen. „Deep Learning“ gilt als eines der wichtigsten Entwicklungsfelder der Zukunft. Es soll der Schwerpunkt der neuen Stiftungsprofessur in Tübingen sein.

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Erstellt:
10.07.2017, 22:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 59sec
zuletzt aktualisiert: 10.07.2017, 22:00 Uhr

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