Baden-Württemberg

Polizei präsentiert Kriminalitätsbericht im Corona-Jahr

Viel weniger Eigentumsdelikte, aber mehr Wirtschafts- und Cyberstraftaten: Die Pandemie prägt auch die Anzahl und Art der Vergehen in Baden-Württemberg im Jahr 2020.

20.02.2021

Von AXEL HABERMEHL

Vergangenes Jahr hat es in Baden-Württemberg weniger Wohnungseinbrüche gegeben. Foto: Daniel Maurer/dpa

Vergangenes Jahr hat es in Baden-Württemberg weniger Wohnungseinbrüche gegeben. Foto: Daniel Maurer/dpa

Stuttgart. Die Entwicklung der Kriminalität im Land geht, mit kleineren Schwankungen, seit Jahren in eine Richtung: nach unten. Gleichzeitig steigen insgesamt die Aufklärungsquoten. Doch die neuesten Zahlen über das Geschehen in Baden-Württemberg, die aus der am Freitag veröffentlichten „Polizeilichen Kriminalitätsstatistik“ (PKS) hervorgehen, zeigen so deutliche Veränderungen, dass es naheliegt, zusätzlich zum langfristigen Trend einige der Corona-Pandemie geschuldete Sondereffekte festzustellen. Einige Beispiele:

Gesamtentwicklung Die Anzahl der erfassten Straftaten lag 2020 mit 538?566 auf dem niedrigsten Stand seit 1991. Im Vergleich zu 2019 war das ein Rückgang um 6,1 Prozent – so einen großen Rückgang gab es in den vergangenen Jahren nie. Die statistische „Kriminalitätsbelastung“ der Bevölkerung in Baden-Württemberg sank damit auf 4852 Straftaten pro 100?000 Einwohner. Die Aufklärungsquote war laut Innenministerium mit 64 Prozent die Beste seit Anfang der 1960er Jahre. Vergleichbare PKS aus anderen Flächenländern oder dem Bund liegen für das Jahr 2020 noch nicht vor. Traditionell nimmt Baden-Württemberg meist Spitzenplätze ein, obwohl es im Südwesten im Bundesländervergleich pro Einwohner die wenigsten Polizisten gibt.

Corona-Effekte I Dass es welche gibt, liegt auf der Hand. So ging die Zahl der Diebstähle, die insgesamt rund ein Viertel aller Straftaten ausmachen, im Vorjahresvergleich um rund 15 Prozent zurück. Keine Überraschung im Jahr der Lockdowns, der geschlossenen Läden und der Abstandsregeln. Die Polizei zählte laut PKS 135?586 Fälle. Auch die Wohnungseinbrüche, seit Jahren ein Schwerpunkt der Polizeiarbeit und schon länger mit sinkenden Fallzahlen, gingen zurück: im Vergleich zu 2019 von 6418 auf 4696. „Der Wohnungseinbruchdiebstahl wurde auf den niedrigsten Wert seit dem Jahr 1971 gesenkt“, meldet Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) stolz.

Corona-Effekte II Die Pandemie führte aber auch zu Verschiebungen und neuen Kriminalitätsformen und -feldern. So hatte es 2019 landesweit nur 43 Straftaten nach dem Infektionsschutzgesetz gegeben. 2020 waren es 389 Fälle – eine Erhöhung um gut 800 Prozent. Und der Subventionsbetrug stieg von 21 (2019) auf 333 (2020) Fälle – fast 1500 Prozent mehr. Auch der Schaden wuchs hier erheblich: von rund 160?000 Euro auf etwa 3,9 Millionen Euro. Ein Hinweis darauf, wie Kriminelle gesellschaftliche Entwicklungen erkennen und versuchen, Gelegenheiten zu nutzen. Der als Folge des Lockdowns oft befürchtete Anstieg häuslicher Gewalt blieb überschaubar: Fälle sogenannter Partnergewalt stiegen um rund sechs Prozent.

Cybercrime Bei sogenannter Internet- und Computerkriminalität kam es in Baden-Württemberg zu Anstiegen. Computerkriminalität (10?248 Fälle, ein Plus von 8 Prozent) meint etwa Hackerattacken oder Trojanerangriffe. Der größere Bereich „Internetkriminalität“ (29?575 Fälle, ein Anstieg um 20 Prozent) umfasst zum Beispiel Betrugs-, Beleidigungs- oder Erpressungsdelikte, die über das Internet begangen werden. Minister Strobl kündigte an, mit einer neuen „Cybersicherheitsagentur“, deren Einrichtung der Landtag jüngst beschlossen hat, gegenzusteuern.

Sexualdelikte Dieses Feld, zu dem etwa sexuelle Übergriffe, Missbrauchstaten, Exhibitionismus und Pornografie-Verbreitung zählen, wächst seit Jahren. 2020 stiegen die Zahlen um rund 14 Prozent. Das lag vor allem an einem Anstieg der Zahlen im Bereich Kinderpornografie. Laut Innenministerium lag das einerseits daran, dass die US-Organisation „National Center for Missing & Exploited Children“ zunehmend entsprechende Hinweise an deutsche Behörden gibt. Andererseits teilten immer mehr Kinder und Jugendliche solche Dateien offenbar unbedarft in Chats.

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Erstellt:
20.02.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 38sec
zuletzt aktualisiert: 20.02.2021, 06:00 Uhr

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