Ofterdingen · Kommunalpolitik

Gespräch ohne Gummistiefel: Podcast mit Bürgermeisterkandidaten

Für einen Podcast stellten sich die verbliebenen Kandidaten der Bürgermeisterwahl in Ofterdingen unseren Fragen. Ein Auszug und der volle Podcast zum Anhören.

15.03.2024

Von Nico Nissen

Noch in entspannter Phase kurz vor Beginn der Aufnahme des Podcasts. Die Kandidaten hatten einiges zu besprechen. Bild: Carolin Albers

Noch in entspannter Phase kurz vor Beginn der Aufnahme des Podcasts. Die Kandidaten hatten einiges zu besprechen. Bild: Carolin Albers

Seit der ersten Wahlrunde hat sich im Vorfeld der Bürgermeisterwahl von Ofterdingen einiges getan: Dem Kandidaten Simon Wagner war online und in Leserbriefen vorgeworfen worden, seine Kandidatur zur Kreistagswahl auf einer Liste der CDU nicht früher öffentlich gemacht und Wähler damit getäuscht zu haben. Der Gegenkandidatin Desiree Sallwey wurde daraufhin der Vorwurf gemacht, sie würde über Dritte eine Kampagne gegen ihn fahren.

Was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal? Was haben Sie, was der andere
nicht hat?

Sallwey: Das offensichtlichste Merkmal ist das Geschlecht. Das ist seit der Kandidatenvorstellung großes Thema im Ort. Und ich bin dort schon lange engagiert, auch kommunalpolitisch. Die Themen, die für mich anfangs vorrangig waren, wie Betreuung, Schule, Aufenthaltsorte für Kinder, Begegnungsorte für Familien, sind um fünf Jahre Gemeinderatserfahrung erweitert.

Wagner: Ich habe neun Jahre lang eine neue Schule mit aufgebaut. Darüber hinaus bin ich auch in den Vereinen schon lange aktiv im Ort, habe da verschiedene Gruppen geleitet, verschiedene Austauschmöglichkeiten mit den Jugendlichen, mit den Erwachsenen gehabt. Und wenn es um den Unterschied zwischen uns geht, dann ist der die letzte Woche sehr deutlich geworden, wenn man unsere Kampagnen verfolgt. Ich lese grad täglich einen negativen Leserbrief über mich, und von meiner Seite kommt da gar nichts. Also ich habe, wie man so schön bildlich sagt, meine Gummistiefel zu Hause gelassen und kein Interesse an so einer Schlammschlacht.

Empfinden Sie das auch so, Frau Sallwey, dass da gerade eine Schlammschlacht läuft?

Es gibt natürlich Posts von Leuten, die eng an mir sind. Allerdings habe ich diese Internetbeiträge angeguckt und halte die für inhaltlich. Da werden zum Beispiel Fragen gestellt zur CDU-Liste, die eine Nähe zu einer Partei zeigt, die vorher nicht gezeigt wurde. Aber ich steuere diese Beiträge nicht und die kommen nicht nur aus meinem Lager. Also inhaltlich würde ich mich jeder Frage stellen, denn das
gehört zu einem Wahlkampf dazu. Ich sehe das nicht als Schlammschlacht, wenn ich ganz ehrlich sein soll.

Herr Wagner, Ihnen wurde in einem der Leserbriefe vorgeworfen, dass Sie Ihre Kandidatur für den Kreistag auf der Liste der CDU nicht offen
genug gemacht haben. Ist dem so?

Ich bin auf keine Fraktion zugegangen und auch weiterhin kein CDU-Mitglied. Kurz vor der ersten Wahl kam die CDU auf mich zu und hat mich gefragt, ob ich einen freigewordenen Listenplatz annehmen würde. Der Ausgang der Wahl war zu der Zeit noch völlig offen, und somit habe ich das gern getan. Nach meiner Ansicht sollte ein Bürgermeister aber auch im Kreistag vertreten sein. Den Zeitpunkt der Veröffentlichung der Liste bestimmt der Verband, und genau am selben Tag habe ich es dann bei mir auf der Homepage veröffentlicht.

Frau Sallwey, Sie sind keine offizielle Kandidatin der SPD, werden von SPD-Mitgliedern aber gerade stark unterstützt. Sind sie nun doch
SPD-Kandidatin geworden?

Nein. Parteipolitik sollte für das Amt zunächst mal keine Rolle spielen, weil es sowieso immer fraktionsübergreifende Lösungen braucht. Als Bürgermeisterin möchte ich auch nicht von Parteiinteressen abhängig sein, und es wäre wegen meiner kurzfristigen Entscheidung, zu kandidieren, nie möglich gewesen, mich nominieren zu lassen. Und es unterstützen mich auch nicht alle SPD-Mitglieder.

Was möchten Sie nach Ihrem Einzug ins Rathaus zuerst angehen?

Sallwey: Das Allererste, was ich gerne angehen würde, ist der Jugendrat. Das ist schon etwas, was in Ofterdingen sehr fehlt. Und die Bürgersprechstunden. Das geht auch ohne Gemeinderat, der erst im Juni gewählt wird.

Wagner: Bei mir soll es mit der gelebten Bürgernähe losgehen, die auch auf meiner Webseite groß im Kurs ist. Die Idee, dass einmal im Monat die Bürotür offen steht und die Leute ohne Termin spontan vorbeikommen können, hat großen Zuspruch gefunden.

Sie waren ja beide dabei, als der Haushaltsplan im Gemeinderat von Ofterdingen vorgestellt wurde. Fürchten Sie nicht, dass die finanzielle Lage der Gemeinde ihre eigenen Pläne zunichtemachen könnte?

Sallwey: Unser Haushalt ist noch ausgeglichen, was bei vielen Gemeinden gar nicht mehr der Fall ist. Ich glaube, im Vergleich ist es nicht so, dass Ofterdingen schlechter dasteht als der Rest im Landkreis. Und oft sieht der Jahresabschluss nicht ganz so dramatisch aus, wie man das befürchtet hat. Da darf man dann nicht anfangen, in die Schwarzmalerei zu kommen. Und es gibt Projekte, in die man Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Kreativität und ihrem Wissen einbeziehen und Orte schaffen kann, für die man keine superteuren Planer braucht.

Wagner: Ich sehe das ähnlich. Vor der finanziellen Lage fürchte ich mich nicht. Wir haben die Möglichkeit, Dinge anzupacken, die eben nicht viel Geld kosten. Ich würde sogar weitergehen und sagen, dass Vernetzung mittlerweile die neue Währung ist.

Wie möchten Sie Ofterdingen zu
einem Freizeitort und Ausflugsziel machen?

Sallwey: Zunächst mal möchte ich den Ort verschönern. Da denke ich an die Steinlach und besonders das Ammonitenpflaster. Die Streuobstwiesen mit dem Blick auf das Albpanorama finde ich wunderschön. Da könnte man sich überlegen, ob es da Orte gibt, die besonders toll sind und die man noch gestaltet. Dann müssen wir Orte mit Aufenthaltsqualität für alle Generationen schaffen, für Jugendliche zum Beispiel einen Pumptrack für das Mountainbike.

Wagner: Ichbin da ähnlich optimistisch. Teilweise haben wir es ja schon. Was fehlt, ist ein Gemeinschaftsgefühl, eine Markenbotschaft. Man muss sich fragen, wofür Ofterdingen steht, und das mit einem Leuchtturmprojekt deutlich machen. „Steinlach erlebbar machen“ ließe sich mit einem Zugang zur Steinlach super umsetzen, mit einer Eisdiele oder einem Café.

Mal zurück zum Thema Geschlechterklischees. Zunächst einmal bei Herrn Wagner. Wenn ich mich
frage, was der Grund ist für Ihren Vorsprung, dann denke ich, der ist den Leuten einfach wegen seiner Art sympathisch. Aber ist das nicht auch ein Nachteil für einen Bürgermeister? Muss der nicht auch mal jemand sein, der auf den Tisch kloppen und sich gegen andere durchsetzen kann?

Ich glaube, als Lehrer bringe ich da schon sehr viel Erfahrung mit. Es geht aber darum, wann immer möglich, den anderen für sich zu gewinnen. Und wenn das nicht möglich ist, dann im guten Miteinander zu verbleiben. Ich versuche immer, sehr vorausschauend zu sein und geradlinig meine Dinge anzugehen und dann auch dabei zu bleiben. Und wenn da mal was schief gelaufen ist, den Fehler auch zuzugeben.

Sie, Frau Sallwey, haben gerade selbst gesagt, dass Ihr politisches Alleinstellungsmerkmal auch ist, dass Sie eine Frau sind. Und wir hatten bei der Vorstellungsrunde in der Burghofhalle eine frauenfeindliche Frage an Sie. Fürchten Sie, dass Sie als „weiblicher Bürgermeister“ nicht ernstgenommen werden?

Das glaube ich eigentlich nicht. Denn auch im Gemeinderat werde ich ernst genommen, und im Wahlkampf werden Dinge auf den Tisch gebracht, die hinterher verschwinden. Ich kenne Bürgermeisterinnen, die hatten alle zunächst damit zu kämpfen, dass ihnen als Frau nicht die nötige Durchsetzungskraft zugestanden wurde – von manchen, aber nie von allen, sonst wären sie nicht Bürgermeisterinnen geworden. Und durch das Tun, Machen und Erleben der Bürgermeisterin ändert sich nachher ohnehin alles.

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Erstellt:
15.03.2024, 22:01 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 37sec
zuletzt aktualisiert: 15.03.2024, 22:01 Uhr

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