Arbeitsmarkt

Erste Frühlingssignale

Die Kurzarbeit nimmt ab. Die Arbeitslosigkeit dürfte in vielen Regionen sinken, insbesondere im Osten. Aber viele bekommen nur einen befristeten Vertrag.

08.04.2021

Von DIETER KELLER

Berlin. Trotz der anhaltenden Corona-Pandemie und der dadurch verursachten Einschränkungen gibt es positive Zeichen vom Arbeitsmarkt. So ist die Zahl der Kurzarbeiter im März bundesweit um etwa 245 000 auf knapp 2,7 Millionen gesunken, schätzt das Münchner Ifo-Intitut. Damit hatten noch 8 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten eine verkürzte Arbeitszeit. In der Spitze waren im April 2020 bundesweit 6 Millionen Arbeitnehmer von Kurzarbeit betroffen.

Besonders positiv war die Entwicklung in der Industrie. Dort arbeiteten im März noch 6,3 Prozent kurz. Im Februar waren es 7,1 Prozent. Verbessert hat sich die Lage aber in fast allen Wirtschaftszweigen, so die Analyse des Ifo, selbst im Gastgewerbe und im Einzelhandel. Allerdings war hier noch jeder zweite beziehungsweise jeder fünfte Beschäftigte von Kurzarbeit betroffen.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) kann die genauen Kurzarbeiterzahlen immer nur mit drei Monaten Zeitverzug nennen. Denn so lange haben die Unternehmen Zeit, Kurzarbeitergeld abzurechnen. Daher stammt ihre neueste Zahl vom Dezember 2020: 2,6 Millionen Kurzarbeiter.

Die Ifo-Experten machen monatlich eine Schätzung, die aber nicht so exakt ist. Das zeigt das Beispiel des Februars: Vor einem Monat hatten sie mit 2,8 Millionen Kurzarbeitern gerechnet. Jetzt mussten sie die Zahl auf 2,9 Millionen nach oben korrigieren.

Weniger Arbeitslose

Positive Tendenzen gibt es auch bei der Arbeitslosigkeit: Sie dürfte in diesem Jahr zurückgehen, und zwar vor allem in den ostdeutschen Flächenländern, erwartet das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der BA. Im Jahresdurchschnitt rechnet sie mit 2,6 Millionen Arbeitslosen, 4 Prozent weniger als im vergangenen Jahr. Im Osten düfte die Entwicklung mit einem Rückgang um 9,4 Prozent deutlich günstiger sein als im Westen mit 2,4 Prozent.

Allerdings wird wohl das niedrige Niveau von vor der Corona-Pandemie noch längst nicht erreicht. Zudem ist die Ausgangslage sehr unterschiedlich: Im Osten rechnet das IAB mit 7,3 Prozent Arbeitslosen, im Westen mit knapp 6 Prozent. Unter den Bundesländern dürfte Bayern mit 3,7 Prozent am besten dastehen, dicht gefolgt von Baden-Württemberg mit 4,5 Prozent. Hier rechnen die Forscher allerdings mit keiner Verbesserung.

Bundesweites Schlusslicht bleibt voraussichtlich Bremen mit 11,9 Prozent, gefolgt von Berlin mit 10,9 Prozent. In der Hauptstadt fällt die Erholung allerdings besonders groß aus. In ihrem Umfeld, sprich in Brandenburg, sieht es mit 6,1 Prozent recht gut aus.

In der Corona-Pandemie haben die Unternehmen zwar ihre Kernbelegschaften mit viel Kurzarbeit weitgehend gehalten. Gleichzeitig fuhren sie aber ihre Neueinstellungen massiv zurück, zeigt eine Analyse der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Danach gab es im zweiten Quartal 2020 etwa 29 Prozent weniger Neueinstellungen als ein Jahr zuvor. Trotzdem bekamen 4 von 10 neu Eingestellten nur einen befristeten Arbeitsvertrag. Das waren allerdings 2,5 Prozentpunkte weniger als 2019.

Damit setzte sich der langjährige Trend fort: Insbesondere viele junge Leute werden nur befristet eingestellt. Von den neuen Mitarbeitern unter 25 Jahren war es jeder zweite, von den Älteren bis 54 nur gut jeder dritte. Auch Arbeitnehmer mit ausländischer Staatsangehörigkeit bekamen häufig nur einen befristeten Job.

Ein Blick auf die Qualifikation zeigt, dass eine Lehre die besten Chancen auf eine unbefristete Stelle bringt. Jeder zweite Beschäftigte ohne Berufsabschluss musste mit einem befristeten Vertrag Vorlieb nehmen, ebenso fast 45 Prozent der Hochschulabsolventen. Hier wirkte sich aus, dass gerade in den Wirtschaftszweigen Erziehung und Unterricht sowie Information und Kommunikation gerne nur befristet einstellt wird.

Das erklärt auch, warum dies in Städten besonders gang und gäbe ist, die Hochburgen der Kreativ- und Medienbranche sowie von Hochschulen sind: In Köln und Potsdam waren etwa 60 Prozent der Neueinstellungen befristet, in Berlin 53 Prozent.

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Erstellt:
08.04.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 50sec
zuletzt aktualisiert: 08.04.2021, 06:00 Uhr

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