Corona

Auf Ungeimpfte kommen mehr Tests und höhere Kosten zu

Ein neuer Lockdown im Herbst soll vermieden werden. Bund und Länder wollen daher die Impfrate mit einem Maßnahmenpaket ankurbeln.

11.08.2021

Von ELLEN HASENKAMP

Kanzlerin Angela Merkel erklärt am Dienstag, worauf man sich geeinigt hat. Foto: Christian Mang/afp

Kanzlerin Angela Merkel erklärt am Dienstag, worauf man sich geeinigt hat. Foto: Christian Mang/afp

Berlin. Eigentlich sollte nach dem Desaster um die gescheiterte Osterruhe Schluss sein mit den unseligen Corona-Runden der Ministerpräsidenten. Aber die stattdessen beschlossene Bundesnotbremse gilt schon seit Juli nicht mehr. Nun steigen die Infektionszahlen wieder – sogar schneller und früher als vor einem Jahr. Immerhin sind inzwischen über 55 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft. Doch der Impffortschritt ist ins Stocken geraten. Also schalteten sich Kanzlerin Angela Merkel und die Länder-Regierungschefs am Dienstag per Video zusammen. Das Ziel: Deutschland für den nahenden Herbst wappnen – und eines möglichst verhindern: einen erneuten Lockdown.

Wie soll die Impfquote erhöht werden? „Eindringlich“ appellierte die Runde an die Menschen, sich „schnellstmöglich“ impfen zu lassen. Die Impfzentren sollen ihre Angebote noch leichter zugänglich machen, Arbeitgeber für betriebliche Impfungen sorgen oder ihren Mitarbeitern frei geben, damit diese zur Impfung gehen können. Anreize wie Geld oder Gutscheine sind aber weiter nicht vorgesehen.

Was steht Ungeimpften bevor? Sie müssen sich auf neue und teilweise strengere Testpflichten einstellen und dafür künftig auch selbst bezahlen. Die derzeitig kostenlosen Bürgertests werden ab 11. Oktober abgeschafft. Angesichts des Impfangebots sei eine „dauerhafte Übernahme der Kosten“ durch den Steuerzahler „nicht angezeigt“, hieß es. Eine zwischenzeitlich vorgeschlagene Pflicht zu den zuverlässigeren, aber teureren und zeitaufwändigeren PCR-Tests ist bislang allerdings nicht vorgesehen. Für einen Schnelltest wurden zuletzt rund 12 Euro veranschlagt, bei PCR-Tests muss mit mindestens 70 Euro gerechnet werden. Kostenlos sind die Tests weiter für Menschen, für die es keine Impfempfehlung gibt (zum Beispiel Schwangere und Kinder) oder die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen dürfen.

Die Tübinger Notärztin Lisa Federle und das DRK, dessen Präsidentin sie ist, wollen in Tübingen auch weiterhin kostenlose Corona-Schnelltests anbieten. Das habe man schon vor einer Weile entschieden. Es sei ihr – auch im Hinblick auf die zu erwartenden Infektionen im Herbst und Winter mit Halsweh, Husten und Schnupfen – ein Anliegen, den Menschen eine gewisse Sicherheit zu ermöglichen, ohne soziale Unterschiede zu schaffen. Wenn nötig sollen die Tests durch frühere Testeinnahmen des DRK und durch Spenden finanziert werden. Federle dankt in diesem Zusammenhang allen Spendern vom TAGBLATT und dem DRK-Team.

Was für Testpflichten sind geplant? Eine Testpflicht (Schnelltest oder PCR) soll vom 23. August an für Ungeimpfte künftig unter anderem bei Besuchen von Krankenhäusern und Altenheimen, im Innenbereich von Gaststätten, bei Kulturveranstaltungen in Innenräumen, beim Friseur, in Fitnessstudios, Schwimmbädern und in Hotels gelten. Ausgenommen sind Kinder unter sechs Jahren und Schülerinnen und Schüler, die in der Schule ohnehin regelmäßig getestet werden. Auch bei Gottesdiensten soll es keine Testpflicht geben, sagte CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet. Allerdings ist eine Art Öffnungsklausel für die Länder vorgesehen: Sie können je nach Infektionslage von diesen Regeln abweichen. Als Schwellenwert wurde dafür unter anderem eine Inzidenz von 35 festgehalten, die allerdings unter bestimmten Bedingungen auch überschritten werden kann.

Was wird mit Feiern in Innenräumen? Dafür sieht es nach wie vor schlecht aus. Bars, Clubs und die Innenräume von Gaststätten gelten weiterhin als Hochrisiko-Zonen. Welche Einschränkungen jeweils angeordnet werden, sollen die Länder und Kommunen „situationsbezogen“ entscheiden. Die Länder sind sich zudem einig, dass weiter Einschränkungen bei der Zuschauerzahl für Sportgroßveranstaltungen gelten. Genannt wurde die Obergrenze von 25?000.

Wird das Leben für Geimpfte (und Genesene) nun leichter? Ein wenig schon: Jedenfalls sind sie von den meisten Testpflichten ausgenommen und müssen sie demnach auch nicht bezahlen. Außerdem müssen sie auch dann nicht in Quarantäne, wenn sie enge Kontaktpersonen von Infizierten und selbst ohne Symptome sind. Die Quarantäne bleibt ihnen auch nach der Rückreise aus Hochrisikogebieten erspart. Ob private Fluggesellschaften, private Kultureinrichtungen oder auch Restaurants – wenn sie Nichtgeimpften den Zutritt komplett verwehren, werden sich Bund und Länder nicht dagegenstellen.

Wird die Inzidenz nun durch eine andere Größe ersetzt? Nein. Festgehalten wurde in der Beschlussvorlage, dass die Inzidenz nicht mehr das einzige Kriterium sein soll, nach dem die Lage beurteilt wird. Herangezogen werden sollen außerdem die Impfquote, die Zahl der schweren Krankheitsverläufe und damit die Belastung des Gesundheitssystems. Genaue Festlegungen und Zahlen gibt es aber bislang nicht. Eine „Glücksformel“ habe man laut Markus Söder aber noch nicht gefunden.

Wieso soll die epidemische Lage von nationaler Tragweite nochmal verlängert werden? Weil nach Einschätzung von Bund und Ländern die aktuellen Zahlen mit Blick auf Herbst und Winter zeigen, dass die Pandemie noch nicht überwunden ist. Armin Laschet argumentierte, man dürfe den „erprobten Werkzeugkasten“ nicht aus der Hand geben. FDP-Vize Wolfgang Kubicki wies auf einen weiteren Grund hin: Zahlreiche Einzelmaßnahmen wie Krankenhaushilfen seien formal an diese Gesetzeslage gebunden. Der Bundestag soll daher die epidemische Lage von nationaler Tragweite über den 11. September dieses Jahres hinaus verlängern.

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Erstellt:
11.08.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 28sec
zuletzt aktualisiert: 11.08.2021, 06:00 Uhr

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