Sportpolitik
Zwischen Entrüstung und Abwiegeln
Uigurische Fackelträgerin dankt Vaterland. Weiter Sorge um Tennisstar Peng.
![Zwischen Entrüstung und Abwiegeln Die uigurische Fackelläuferin Dinigeer Yilamujiang: Alles Show?](/Bilder/Die-uigurische-Fackellaeuferin-Dinigeer-Yilamujiang-Alles-797456.jpg)
Die uigurische Fackelläuferin Dinigeer Yilamujiang: Alles Show?
Peking. Eine Uigurin als letzte Fackelträgerin: Der vermeintliche PR-Coup bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele hat heftige Kritik von Menschenrechtlern hervorgerufen, da China international Vorwürfen über eine Unterdrückung der muslimischen Minderheit ausgesetzt ist, unter anderem in Umerziehungslagern. Exil-Uiguren sahen eine „politische Show“, die ein falsches Bild zeichne.
Chinas Regierung verteidigte nun den Auftritt der uigurischen Fackelläuferin, die mit dem nordischen Kombinierer Zhao Jiawen das olympische Feuer entzündet hatte. Als Teilnehmerin an den Spielen habe Langläuferin Dinigeer Yilamujiang das Recht, an allen Zeremonien teilzunehmen, sagte Sprecher Zhao Lijian am Montag in Peking. „Die Menschen aller ethnischer Gruppen in China sind eine Familie.“ Dinigeer Yilamujiang bedankte sich für ihre Rolle als Fackelläuferin. „Als ich die Aufgabe übernahm, konnte ich es einfach nicht glauben“, sagte die 20-Jährige nach Angaben chinesischer Staatsmedien. „Da mein Vaterland mir diese wichtige Aufgabe überträgt, musste ich sie auch erfüllen.“ Sie hoffe, dass ihr Auftritt die Kinder in ihrer Heimatregion im Altai-Gebirge für den Wintersport begeistern könne.
Unruhe verursacht auch ein weiteres Politikum: Der Fall Peng Shuai. Zwei Gesprächstermine mit der Tennisspielerin in der Olympia-Blase sollten Ruhe in die Sache bringen. Doch die Sorgen um die Chinesin bleiben. Ein überwachtes Interview und ein Abendessen mit IOC-Chef Thomas Bach hinter verschlossenen Türen haben die Zweifel an Peng Shuais Wohlergehen nicht zerstreut. Im Gegenteil. Die französische Sportzeitung „L‘Équipe“ veröffentlichte am Montag zwar ein Interview mit der Tennisspielerin. Doch die seltsamen Umstände und merkwürdigen Vorgaben warfen Fragen auf. Shuais Aussagen wirkten gestellt. Zudem saß ein Vertreter des Chinesischen Olympischen Komitees (COC) mit im Raum. Die weltweite Aufregung um sie erklärte Peng Shuai dabei zu einem „großen Missverständnis“. Sie hatte im November im Sozialen Netzwerk Weibo den früheren Vizepremier des sexuellen Missbrauchs beschuldigt.
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) beließ es in Stellungnahmen bei dürren Floskeln. Man wolle keine Bewertung vornehmen, ob Peng ihre Vorwürfe aus freien Stücken zurückgenommen hat. Noch immer ist unklar, wie frei die 36-Jährige sprechen und sich bewegen kann.
Mit Bach und der ehemaligen Athletensprecherin Kirsty Coventry hatte sich die frühere Weltranglisten-Erste im Doppel am Samstag zum Abendessen getroffen. Das IOC berichtete von einem Austausch gemeinsamer Olympia-Erfahrungen, über weitere Inhalte sei Vertraulichkeit vereinbart worden. Die viel kritisierte „stille Diplomatie“ des IOC dürfte im Sinne des Gastgebers sein, der kaum Interesse an weiteren Debatten um Peng Shuai hat. dpa