Boxen

Zwei Kämpferinnen trainieren für Olympia

Irina Schönberger und Leonie Müller trainieren für ihre erste Olympia-Teilnahme fast täglich an den baden-württembergischen Stützpunkten.

12.02.2020

Von MANUELA HARANT

Leonie Müller (li.) und Irina Schönberger lassen sich auf ihrem Weg zu den Olympischen Spielen in Ulm medizinisch betreuen. Foto: Manuela Harant

Leonie Müller (li.) und Irina Schönberger lassen sich auf ihrem Weg zu den Olympischen Spielen in Ulm medizinisch betreuen. Foto: Manuela Harant

Ulm. Sich in den Ring zu stellen und jemanden zu vermöbeln – oder sich gar vermöbeln zu lassen. Das ist wahrlich nicht für jeden etwas. Doch für Irina Schönberger und Leonie Müller ist gerade das der schönste Sport der Welt. Und mit ihm können sich die beiden vielleicht schon bald einen Traum erfüllen: Einmal bei den Olympischen Spielen am Start zu sein.

Während es für die 25-jährige Irina Schönberger schon in diesem Jahr in Tokio so weit sein dürfte, muss die vier Jahre jüngere Leonie Müller sich noch ein wenig gedulden. Denn bei den internationalen Qualifikationswettkämpfen wird voraussichtlich noch die erfahrenere Konkurrentin aus dem deutschen Boxlager, Nadine Apitz, den Vorzug erhalten. Und das, obwohl Müller amtierende Deutsche Meisterin ist. „Spätestens 2024 sollte ich dran sein,“ lautet die Kampfansage der gebürtigen Esslingerin. Sollte sich Apitz jedoch vor der ersten Olympia-Quali im März verletzen oder dort enttäuschen, wäre die Tür für die selbstbewusste Schwäbin wieder ganz weit offen.

Vermutlich hätte es für Leonie Müller dank ihrer extremen Sportlichkeit auch in anderen Disziplinen wie Turnen oder Rudern geklappt. Doch weil ihr die Rhythmische Sportgymnastik „zu unmenschlich“ wurde, wechselte sie mit elf Jahren zum Boxen. Inspiration hatte ihr US-Sängerin Pink gegeben, die in einem Musikvideo im Ring stand: „Da habe ich gesagt: Das sieht cool aus, das will ich auch machen.“

Dass man dabei nicht nur ordentlich Schläge austeilen, sondern auch einstecken muss, störte die 20 Jahre junge Kämpferin aus Ludwigsburg nie. „Über gesundheitliche Risiken mache ich mir aktuell keine Sorgen. Ich werde den Sport auch nicht ewig betreiben“, sagt Müller, die sich regelmäßig bei Mannschaftsarzt Dr.?Mark Dorfmüller in Ulm aufhält, um die eine oder andere Blessur zu kurieren.

Männer als Sparringspartner

Diese professionelle Unterstützung wird auch Irina Schönberger zuteil, die am Olympiastützpunkt in Heidelberg trainiert. „Die Bedingungen dort sind optimal, weil ich häufig gegen Männer boxen kann“, erklärt die Badenerin. Die Sparrings mit dem physisch stärkeren Geschlecht bringen die nötige Wettkampfhärte für die Duelle mit den besten Boxerinnen der Welt. Allerdings, das gehört zur Wahrheit dazu, ist es auch eine Tugend, die aus der Not geboren wurde: Nur drei Frauen am Stützpunkt stehen zehn Männern gegenüber.

Ebenso wenige Herausforderinnen sind der 25-Jährigen bei der Olympia-Qualifikation im Weg, auch wenn diese es in sich haben. Doch Irina Schönberger hat sich vorgenommen, mit zwei oder drei Siegen Mitte März in London direkt das Ticket für Tokio zu lösen – und nicht den Umweg über die zweite Quali im Mai in Paris zu nehmen. „Wenn ich nicht gerade eine der beiden topgesetzten Konkurrentinnen bekomme, ist das auf jeden Fall machbar“, schätzt die WM-Sechste von 2019. Dabei hing der Olympia-Traum vergangenes Jahr schon am seidenen Faden – allerdings nicht aus sportlichen Gründen. Der skandalumwitterte Box-Weltverband Aiba wurde vom IOC ausgeschlossen, und damit war auch die Organisation der Disziplin bei den Spielen in Tokio in Gefahr.

„Das war schon ein seltsames Gefühl, nicht zu wissen, ob man jetzt wirklich für Olympia kämpft oder nicht“, erinnert sich Irina Schönberger an die unsichere Situation. Nun ist sie froh, dass eine Task Force die Aufgaben übernommen hat (siehe Info) und damit überhaupt faire Wettkämpfe möglich sind. „Denn auch ich habe mich bis dahin schon bei manchem Urteil gewundert, wie das zustande kam“, sagt die 25-Jährige. Insofern ist das neue Boxjahr für alle Sportler auch ein Neuanfang.

Und was kommt nach Olympia? Da müssen sich alle Boxerinnen neu sortieren. „Je nachdem, wie ich abgeschnitten habe, muss ich mir dann überlegen, ob ich einen weiteren olympischen Zyklus mache, oder nicht“, sagt Irina Schönberger.

Verlängert sie ihren Vertrag als Sportsoldatin nicht, kann sie zu ihrem früheren Arbeitgeber Heidelberger Druckmaschinen zurückkehren, wo sie eine Ausbildung als Fachkraft für Lagerlogistik abgeschlossen hat.

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Erstellt:
12.02.2020, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 59sec
zuletzt aktualisiert: 12.02.2020, 06:00 Uhr

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