Tübingen
Wo ist die Empörung?
Zum Lockdown und den Folgen für Kinder und Jugendliche.
Am 5. Mai hieß es im TAGBLATT, es stünden aktuell laut Uniklinikum 100 Kinder und Jugendliche auf der Warteliste der Tübinger Kinder- und Jugendpsychiatrie, für eine Aufnahme in der Tagesklinik für Kinder bestünden Wartezeiten von bis zu einem Jahr. Diese Nachricht wird versickern. Wo bleibt der Aufschrei? Wo bleibt die Empörung darüber, dass Kinder und Jugendliche, die vor allem durch die Maßnahmen infolge der Pandemie psychisch erkrankt sind, nicht einmal ausreichend versorgt werden können?
Ich verbringe die halbe Woche in Tübingen, die andere als Kinderarzt in der Schweiz. Dort sind die Schulen und Jugendsportvereine mit Ausnahme eines kurzen Unterbruchs in der ersten Welle durchgehend geöffnet gewesen. Trotz weitreichenden Lockerungen liegen die Inzidenzwerte in der Schweiz inzwischen unter
denen von Baden-Württemberg (covid19.admin.ch).
Das Präventionsparadox im Zusammenhang mit Lockdownmaßnahmen verliert in dieser Phase der Pandemie offenbar an Bedeutung. Eigenverantwortung und Zuversicht dort, Paternalismus und das stetige Beteuern der Gefahren hier. Mich überkommt zunehmend eine Beklemmung, wenn ich diese Diskrepanz wahrnehme und sehe, wie Deutschland mit seinen Kindern umgeht.