Tennis

Wenn Frauen nicht nur die Krümel bekommen

Beim Saisonfinale verdienen die besten acht Spielerinnen erstmals mehr als die Männer. Hauptgrund ist der Umzug ins chinesische Shenzhen.

23.10.2019

Von CLAUS-PETER ANDORKA

...die Ukrainerin Elina Svitolina... Foto: Hector Retamal/afp

...die Ukrainerin Elina Svitolina... Foto: Hector Retamal/afp

Für Billie Jean King war es der Kampf ihres Lebens. Die amerikanische Tennis-Ikone, die zwischen 1959 und 1983 über 120 Turniere gewonnen hat, setzte sich schon als aktive Spielerin für die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern in ihrem Sport ein. Ihr Schlüsselerlebnis hatte sie 1968 in Wimbledon, als sie nach ihrem ersten Sieg mit 750 britischen Pfund abgespeist wurde, während Rod Laver, der bei den Herren gewann, mit 2000 Pfund nach Hause fuhr. Diese Ungleichbehandlung aus der Welt zu schaffen, war von da an ihr großes Ziel.

Es war ein langer Weg. Damit die US Open 1973 als erstes Grand-Slam-Turnier ihre Forderung erfüllten, musste die von ihr gegründete Spielerinnenvereinigung Women's Tennis Association (WTA) mit einem Boykott drohen. Erst 2001 zogen die Australian Open nach, 2006 dann die French Open. Insofern sind die kommenden WTA-Finals in Shenzhen einmalig: Dort ziehen die Frauen erstmals an den Männern vorbei.

Neuer Rekord

Insgesamt 14 Millionen Dollar können die acht erfolgreichsten Einzelspielerinnen und Doppelteams der Saison in der chinesischen High-Tech-Metropole verdienen. Das ist ein neuer Rekord im Tennis. Zum Vergleich: Die ATP-Finals vom 10. bis 17. November in London schütten vergleichsweise bescheidene 8 Millionen Dollar aus. Allein die Siegerin in Shenzhen kassiert – wenn sie auch die Gruppenphase ungeschlagen übersteht – 4,725 Millionen Dollar. „Das ist ein historischer Moment und ein klares Statement, das weit über den Sport hinausgeht“, sagt Markus Günthardt, Turnierdirektor des Porsche Tennis Grand Prix in Stuttgart. „Offensichtlich sind immer mehr Sponsoren vom Damentennis überzeugt und bereit, in dieses Produkt zu investieren.“ Möglich wurde die Preisgeld-Explosion durch den Umzug des prestigeträchtigen Finalturniers nach China. In den vergangenen fünf Jahren fanden die Finals in Singapur statt.

Dann trat die Glemdale Corporation auf den Plan, einer der größten Projektentwickler in China. Das Angebot, das sie der WTA unterbreiteten, konnte sich sehen lassen: Verdoppelung der Preisgelder und Bau eines hochmodernen, 12?000 Zuschauer fassenden Tennisstadions. Die neue Arena wird zwar erst 2020 fertig, so dass diesmal noch im Shenzhen Bay Sports Center gespielt wird – trotzdem konnte die WTA nicht widerstehen. Sie vergab den Saisonhöhepunkt gleich bis 2028 in die aufstrebende Millionenstadt.

Damit die Prestigeveranstaltung möglichst das ganze Jahr über im Gespräch ist, hat die WTA das „Porsche Race to Shenzhen“ installiert. Das ist eine spezielle Qualifikationsrangliste für die Finals. In dieser Saison konnten die Spielerinnen bei insgesamt 56 Turnieren Punkte sammeln. Hier hatte die Australierin Ashleigh Barty die Nase vorn, die auch die aktuelle Nummer eins der Welt ist. Ihre Belohnung wird ihr schon vor dem ersten Aufschlag im Shenzhen Bay Sports Center überreicht: ein nagelneues Porsche Cayenne Coupé.

Die Amerikanerin Serena Williams wird in Shenzhen dagegen nicht dabei sein. Die Preisgeld-Explosion wird die erfolgreichste Spielerin des Jahrzehnts dennoch mit stiller Freude registriert haben. „Ich arbeite genauso hart und bringe dieselben Opfer wie meine männlichen Kollegen. Ich würde nie wollen, dass meine Tochter für dieselbe Arbeit geringer bezahlt wird als mein Sohn“, schrieb sie 2016 in einem offenen Brief.

Ihr großes Vorbild Billie Jean King gibt sich auch mit 75 Jahren noch kämpferisch. Im US-Nachrichtensender CNN forderte sie alle Sportlerinnen auf, weiter für ihre Ziele zu kämpfen: „Es ist wichtig, dass wir Frauen uns nicht mit den Krümeln zufriedengeben, sondern den ganzen Kuchen wollen, den Zuckerguss und auch die Kirsche obendrauf, so wie die Männer. Danach sollten wir alle streben.“

...Simona Halep aus Rumänien... Foto: Hector Retamal/afp

...Simona Halep aus Rumänien... Foto: Hector Retamal/afp

...Petra Kvitova aus Tschechien... Foto: Noel Celis/afp

...Petra Kvitova aus Tschechien... Foto: Noel Celis/afp

Naomi Osaka ist eine von acht Teilnehmerinnen beim WTA-Finale in Shenzhen. Foto: Greg Baker/afp

Naomi Osaka ist eine von acht Teilnehmerinnen beim WTA-Finale in Shenzhen. Foto: Greg Baker/afp

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Erstellt:
23.10.2019, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 47sec
zuletzt aktualisiert: 23.10.2019, 06:00 Uhr

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