Wuchernde Gefahr im See

Wasserpflanzen sollen gemäht werden

Im östlichen Teil des Sees wuchert wohl eine Algenart. Das ist nicht ungefährlich für ungeübte Schwimmer. Kirchentellinsfurts Bürgermeister Bernd Haug hat die Eigentümer „mit großer Dringlichkeit“ an ihre Verkehrssicherungspflicht erinnert.

25.06.2019

Von Manfred Hantke

Besonders vom Flugzeug aus sieht man die wucherden Wasserpflanzen im Kirchentellinsfurter Baggersee. Bild: Manfred Grohe

Besonders vom Flugzeug aus sieht man die wucherden Wasserpflanzen im Kirchentellinsfurter Baggersee. Bild: Manfred Grohe

Der Steg ist abgebaut, die Abfalleimer sind weggeräumt, ebenso die Toiletten; der Müll liegt herum und das Gras zwischen Unterführung und Baggersee steht etwa einen Meter hoch: Seit sich die Gemeinde Kirchentellinsfurt vom Badebetrieb zurückgezogen hat und die Verkehrssicherungspflicht auf die See-Eigentümer übergegangen ist, ist der See sich selbst überlassen.

Knapp 50 Badegäste waren vergangenen Mittwochvormittag am See. Einige lagen mit der Luftmatratze auf dem Wasser, andere unterm Sonnenschirm am Ufer, Väter plantschten mit ihren Kindern, geübte Schwimmer durchquerten den See. Mit zehn der Badegäste sprach das TAGBLATT – Tübinger, Reutlinger, Pfullinger und Kirchentellinsfurter. Fazit: Das (Sonnen-)Baden macht am Baggersee noch Spaß, das Wasser ist sauber, sagten sie, auch die Security macht ihren Dienst und das geschützte Südufer wird gemieden. Doch der zunehmende Müll stört. Und gefährlich könnten die im Wasser wuchernden Pflanzen werden, wenn sich dort mal ein ungeübter Schwimmer verheddert und in Panik gerät.

Wasserpflanzen (die große grau-braune Fläche) machen sich im östlichen See-Bereich ziemlich breit. Bild: Manfred Hantke

Wasserpflanzen (die große grau-braune Fläche) machen sich im östlichen See-Bereich ziemlich breit. Bild: Manfred Hantke

Die Pflanzen wuchern stellenweise im Uferbereich um den See herum, haben aber auch schon nahezu ein Fünftel der See-Fläche im östlichen Bereich in Beschlag genommen – fast so viel Fläche wie die künftige Wakeboardanlage einmal einnehmen soll.

Sie beschäftigen auch Hans-Erich Messner, Erster Landesbeamter des Landkreises Tübingen. Es sei offensichtlich eine Algenart, sagt er. Aber es seien keine Blaualgen, die allergische Reaktionen auslösen können, es seien „Fast-Schlingpflanzen“. Messner habe der Gemeinde geraten, ihre Schilder am See zunächst zu ergänzen. Bislang weisen sie die Badegäste darauf hin, „auf eigene Gefahr“ zu baden. Künftig soll auch vor den Wasserpflanzen gewarnt werden, die Gemeinde müsse ihrer Pflicht als Ortspolizeibehörde nachkommen. Gleichzeitig soll die Gemeinde die See-Eigentümer informieren, sie auf die Gefahr hinweisen und ihnen dringend raten, ihrer Verkehrssicherungspflicht nachzukommen, so Messner, also die Pflanzen beseitigen. Denn, „die Verantwortlichkeit liegt beim Eigentümer“.

Eigentümer reagieren nicht

Die Situation ist derzeit verzwickt: Den vertragslosen Zustand zwischen Gemeinde und den See-Eigentümern gibt es seit Januar dieses Jahres (siehe Info-Box). Zwar sind Steg, Abfalleimer, Toiletten abgebaut, aber die von der Gemeinde aufgestellten Warn-Schilder stehen noch. Auch der Parkplatz ist geöffnet, er gehört der Gemeinde. Messner: „Der Eindruck ist noch nicht völlig beseitigt, dass die Gemeinde nicht mehr die Verkehrssicherungspflicht hat.“

Die zusätzlichen Hinweise, die vor den Gefahren der Wasserpflanzen warnen, hat Bürgermeister Bernd Haug beauftragt. Sie – und auch die Hinweise, dass die Baggerseegäste auf eigene Gefahr baden – müssten wohl so lange stehen, bis die Eigentümer selbst Schilder aufstellen. Haug informierte unterdessen auch die Anwälte der See-Eigentümer „mit großer Dringlichkeit“ über die Gefahr durch die Pflanzen im See. Die Eigentümer sollen rasch ihrer Verkehrssicherungspflicht nachkommen und die Pflanzen „abmähen“ lassen, sagte er. Auch ein Baum liege im Wasser, den Eigentümern sei das schon vor längerer Zeit mitgeteilt worden. Bei ihnen liege die Verkehrssicherungspflicht.

Idylle am Kirchentellinsfurter Baggersee – hoffentlich trügt sie nicht. Bild: Manfred Hantke

Idylle am Kirchentellinsfurter Baggersee – hoffentlich trügt sie nicht. Bild: Manfred Hantke

Den Parkplatz aber will Haug weiterhin kostenlos für Schönbuchwanderer offenhalten. Wann es einen neuen Pachtvertrag mit den Eigentümern gibt, kann er nicht sagen. „Woche für Woche“ frage er bei den Rechtsanwälten der Eigentümer nach, um einen Termin für weitere Pachtverhandlungen zu vereinbaren. Doch es passiere nichts, „kein Widerhall“. Haug findet das „bedauerlich“. Im Grunde müsste ein gemeinsames Interesse da sein, um den See zu bewirtschaften.

Das Wasser jedenfalls ist „ausgezeichnet“, hat Hygieneinspektorin Simone Zimmermann vom Landratsamt festgestellt. Sie hat in diesem Jahr den See 14 tägig „beprobt“, mindestens zehn Proben wurden bislang genommen. Dabei lagen die Werte bei Enterokokken und Escherichia Coli teils unterhalb der Nachweisgrenze (ebenso 2018 und 2017).

Eigentümer stellten höhere Forderungen

Hintergrund des vertragslosen Zustands zwischen Gemeinde und den See-Eigentümern ist die geplante Wakeboardanlage. Weil der Bau in diesem Jahr beginnen sollte, musste ein neuer Vertrag geschlossen werden. So wurde der alte zum Ende des Jahres 2018 gekündigt. Doch die Vertragsverhandlungen wurden gestoppt, als die Eigentümer deutlich höhere Pacht-Nachforderungen stellten. Darauf beschloss der Gemeinderat im April, sich aus dem Badebetrieb zurückzuziehen. Das bedeutet: keine Toiletten, keine Abfallbehälter, kein Steg, auch wird die Wiese nicht gemäht, der Müll nicht weggeräumt. Weil der See aber dem Gemeingebrauch unterliegt, ist das Baden erlaubt. Vom See dürfen aber keine größeren Gefahren ausgehen. Da die Gemeinde nicht mehr Pächter ist, geht die Verkehrssicherungspflicht auf die See-Eigentümer über.

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Erstellt:
25.06.2019, 11:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 11sec
zuletzt aktualisiert: 25.06.2019, 11:00 Uhr

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