Reutlingen · Corona

Was tun, wenn Geschwister streiten? Tipps von der Familienberatung

Keine Schule, kaum Freizeitmöglichkeiten: In Zeiten der Corona-Langeweile geraten Geschwisterkinder schnell aneinander, die Eltern sind überfordert.

10.06.2020

Von ST

Dieses Thema werde gerade in der Coronakrise in der Reutlinger Familien- und Jugendberatung stark nachgefragt: Was können Eltern tun, wenn Geschwister sich streiten?

Tipps von der Familien- und Jugendberatung

„Wann immer möglich, sollten Eltern die Kinder den Streit austragen lassen. Denn meistens finden die Geschwister selber Lösungen, vor allem, wenn Eltern nicht vorschnell Partei ergreifen oder ein bewertendes und kommentierendes Publikum bieten“, heißt es darin. Wenn der Streit aber zu eskalieren drohe, so dass es zu gegenseitigen bedrohlichen oder verletzenden Angriffen kommt, sollen Eltern sofort energisch und sachlich reagieren und zeigen: „Gewalt kommt nicht in Frage“. Notfalls müssten die Kinder für eine Weile räumlich getrennt werden. Wenn sich die Gemüter wieder ein wenig beruhigt haben, könne man versuchen anzuregen, gemeinsam eine Lösung zu finden. Auch die ganz Kleinen sollten dabei sein, wenn man sich bespricht, um Lösungen zu finden und sich wieder zu versöhnen.

Insbesondere sollten Eltern darauf achten, weder eines der Kinder grundsätzlich zu bevorzugen, noch die Kinder gegeneinander auszuspielen. Eine gerechte Behandlung bedeute nicht immer, „dass jedes das Gleiche bekommt - gerecht ist, wenn jedes Kind das bekommt, was es braucht“, heißt es weiter. Kinder sollten nicht ständig miteinander verglichen oder eines dem anderen als Vorbild hingestellt werden. Bei immer häufigeren Streitereien könne eine Familienkonferenz helfen, um den gemeinsamen Umgang miteinander zu besprechen. Die Familien- und Jugendberatung rät dazu, nicht bei jedem Geschrei zu den Kindern zu laufen sondern lieber mal dann, wenn die Geschwister gerade schön miteinander spielen. Denn Kinder wollen vor allem eines: wahrgenommen werden. Und wenn Eltern ihre Sprösslinge dann besonders gerne wahrnehmen und beachten, wenn sie sich erwünscht und sozial benehmen, wächst die Chance, dass diese sich öfter so benehmen.

Wut und Aggression als Zeichen der Überforderung und Hilflosigkeit

Dinge kaputtzumachen dient für Kinder meist nur der momentanen Aggressionsabfuhr - Zerstörung bedeute für Kinder etwas anderes als für Erwachsene: „Wenn wir bewusst etwas zerstören, soll es so bleiben, für Kinder zählt der Moment des Affektes, danach soll aber alles wieder gut sein“, so die Erklärung der Familienberatung. Traurigkeit, Hilflosigkeit und Angst erzeugen häufig Wut und Aggression, die zu ungewohnten Ausrastern und heftigen Aussagen führen können. So könnten sogar „Morddrohungen“ von Kindergartenkindern gegenüber dem Geschwisterkind fallen, die Eltern aufhorchen und zuweilen sehr erschrecken lassen. Kleinen Kindern sei jedoch gar nicht bewusst, was Tod und Sterben bedeuten. Solche Ausbrüche seien vielmehr ein Zeichen von momentaner Überforderung und Hilflosigkeit. „Geschwisterkinder, die sich gerade nicht gesehen fühlen, wissen sich oft nicht anders zu helfen, um die Zuwendung zu bekommen, die sie gerade brauchen“, heißt es. Da seien drastische Worte oder Handlungen meistens ein schlagartiges und wirksames Mittel, die Eltern auf sich aufmerksam zu machen. Wenn diese schimpfen, sei das für das Kind fürs erste manchmal besser, als gar nicht gesehen zu werden. Gerade nach so einem Ausbruch würden Kinder liebevolle Zuwendung und die Versicherung brauchen, genauso geliebt zu werden wie die Geschwister. Gemeinsam solle man Ideen entwickeln, wie das Kind auf gute Weise darauf aufmerksam machen kann, dass ihm etwas fehlt. Kleine Rituale seien beispielsweise Gold wert, wie ein „versöhnliches Bettkantengespräch oder fest vereinbarte Zeiten mit Elternteil und einem Kind alleine“.

Grenzen und Rückzugsmöglichkeiten

Grenzen angemessen zu ziehen oder auch manchmal einzusehen, dass gewisse Dinge einander ausschließen - zum Beispiel hochkonzentriertes Homeoffice und die Betreuung kleiner Kinder - sei nicht nur in Zeiten der Pandemie für alle eine echte Herausforderung. Oft bleibe zu wenig Platz für Rückzug und Regeneration der einzelnen Personen. Es müssten in dieser Zeit neue Regeln, aber auch Erholungsmöglichkeiten besprochen und entwickelt werden.

Kontakte pflegen und Bewegung ermöglichen

Es sei wichtig, den Kindern zu ermöglichen, mit ihren Freundinnen und Freunden aus der Schule oder auch anderen wichtigen Personen aus der Freizeit Kontakt zu halten. Über Videochat und Telefon oder über Briefe, Postkarten und Päckchen könnten Freundschaften auch aus der Ferne gepflegt werden. Darüber hinaus seien auch Bewegung und viel Zeit an der frischen Luft gerade jetzt besonders wichtig für die Kinder.

Für persönliche Gespräche und weitere Tipps rund um das Thema Familie und Erziehung, stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Familien- und Jugendberatung des Landkreises Reutlingen zur Verfügung.

Das Familientelefon der Familien- und Jugendberatung ist montags bis donnerstags von 9 bis 12 Uhr und von 14 bis 16 Uhr besetzt, freitags vormittags von 9 bis 12 Uhr. Außerdem ist die Familien- und Jugendberatung Reutlingen telefonisch unter der Nummer 07121-947 90 60 erreichbar und unter der folgenden E-Mail-Adresse familienberatung.reutlingen@kreis-reutlingen.de.

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Erstellt:
10.06.2020, 18:51 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 23sec
zuletzt aktualisiert: 10.06.2020, 18:51 Uhr

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