Corona

Vor dem Abflug kurz zum Impfen?

Beim Einkaufen oder vor der Abreise am Flughafen – vielerorts kann man sich inzwischen unkompliziert impfen lassen. Aber bringen die Angebote auch etwas?

20.07.2021

Von David Nau

Impfen im Vorbeifahren: Schon im Mai gab es in Pforzheim eine entsprechende Impfaktion mit dem Astrazeneca-Vakzin. Foto: Christoph Schmidt/dpa

Impfen im Vorbeifahren: Schon im Mai gab es in Pforzheim eine entsprechende Impfaktion mit dem Astrazeneca-Vakzin. Foto: Christoph Schmidt/dpa

Vor einer Kirche, auf dem Supermarkt-Parkplatz und sogar im Freilichtmuseum – an vielen ungewöhnlichen Orten kann man sich in Baden-Württemberg in den nächsten Wochen, so man es noch nicht getan hat, eine Spritze gegen das Coronavirus abholen. Nachdem die Zahl der Impfwilligen in den Impfzentren des Landes in den vergangenen Wochen stark zurückgegangen ist, setzt die Landesregierung nun auf Sonderaktionen. „Wir werden nichts unversucht lassen, die Impfquote weiter zu steigern“, sagte Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) nach einem Impfgipfel am Freitag.

Nachdem vor einigen Wochen die Menschen noch zur Impfung gekommen seien, müsste jetzt die Impfung niederschwellig zu den Menschen kommen. Auf der Website der neuen Impfkampagne „Dranbleiben BW“ sind mehr als 100 Aktionen in den kommenden Wochen aufgelistet, hinzu kommen zahlreiche Impfzentren, die ebenfalls Impfwillige ohne Termin und Voranmeldung impfen.

Nur geringe Auslastung

In Heilbronn setzte man schon früh auf Aktionen. Dort sei man bereits im Juni mit den Impfungen an die Schulen gegangen, um über die Schüler auch die Familien zu erreichen, erklärt eine Sprecherin der Stadt. Zudem habe man auf Stadtteil-Impfungen gesetzt. „Das läuft sehr gut“, sagt die Sprecherin, in einem Stadtteil habe es einen „großen Run“ auf die Halle gegeben, in der die Aktion stattfand. Einige Impfwillige mussten sogar an das Kreisimpfzentrum verwiesen werden.

Dass besondere Aktionen aber nicht immer sinnvoll sind, zeigt ein Beispiel aus dem Kreis Esslingen. Seit Mittwoch können sich im Impfzentrum auf der Landesmesse Passagiere des benachbarten Flughafens vor ihrem Abflug ohne Anmeldung eine Impfung abholen – nur ein Flugticket oder eine Buchungsbestätigung müssen vorgelegt werden.

Einziges Problem: So richtig angenommen wird das Angebot nicht. „Die Auslastung könnte größer sein“, sagt Florian Bopp, der ärztliche Leiter des Impfzentrums auf der Messe. In der Hochzeit haben er und sein Team rund 1000 Impfungen am Tag geleistet, aktuell kommen pro Tag nur noch rund 250 angemeldete Personen und nochmal 100 bis 150 ohne Anmeldung.

Nur vereinzelt seien Menschen mit einem Flugticket vorbeigekommen. „Das Angebot hat sich sehr schnell überholt, weil wir wegen der geringen Frequentierung das Impfzentrum komplett für alle Menschen über zwölf Jahre ohne Terminbuchung geöffnet haben“, sagt Bopp. Zumal es aus seiner Sicht auch nicht wirklich sinnvoll sei, sich direkt vor dem Abflug impfen zu lassen. „Wir haben hier im Team auch einen Piloten, der mir gesagt hat, er würde Passagiere gar nicht mitnehmen, wenn diese ganz frisch geimpft seien.“

Deutlich wichtiger, um bisher noch nicht geimpfte Menschen zu erreichen, sind aus seiner Sicht niederschwellige Impfaktionen, wie sie der Landkreis Esslingen am Wochenende in der Innenstadt von Nürtingen und Kirchheim/Teck angeboten hat. Dort verimpfte man das Vakzin von Johnson & Johnson, das seine volle Wirkung bereits nach einer Dosis entfaltet. Das habe den großen Vorteil, dass man die Menschen nur einmal erreichen müsse, um sie vollständig zu impfen. „Wer sich so spontan impfen lässt, bei dem kann man nicht unbedingt mit Termintreue bei der zweiten Dosis rechnen“, sagt Bopp.

„Sprachmittler“ im Einsatz

Das Land setzt neben den Impfaktionen auch auf Infoteams, die gemeinsam mit „Sprachmittlern“ Communities erreichen sollen, die bislang eher selten zum Impfen kommen. In Heilbronn wird auch das schon länger eingesetzt. „Wir haben schon länger kulturelle Mittler im Einsatz, die zum Beispiel Bürgerinnen und Bürgern mit Migrationsgeschichte und geringen Deutschkenntnissen bei Gesprächen mit Schulen oder Kindergärten helfen“, sagt die Sprecherin der Stadt. Diese Menschen habe man nun auch in die Impfkampagne eingebunden, „um in die Communities reinzukommen und Informationen zu streuen“.

Heilbronn setzt auch auf einen Impfbus

Vor dem Supermarkt oder dem Biergarten gegen Corona impfen lassen: Das soll für Menschen in Heilbronn vom 28. Juli an in einem Impfbus der Stadt möglich sein. Das weiße Fahrzeug sei dazu bis Ende September angemietet und solle verschiedene Stationen im Stadtgebiet ansteuern, teilte die Stadt am Sonntag mit. Eine Terminvereinbarung sei für die Impfung nicht nötig. Mitbringen müssten die Bürger und Bürgerinnen nur Personalausweis, Impfpass und Krankenkassenkarte.

Oberbürgermeister Harry Mergel (SPD) appellierte, das Impfangebot zu nutzen: „Die vierte Welle darf nicht noch mal unser Leben lahmlegen.“

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Erstellt:
20.07.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 08sec
zuletzt aktualisiert: 20.07.2021, 06:00 Uhr

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