Kreis Tübingen

Vogelgrippe bei Schwänen in Lustnau und Kirchentellinsfurt nachgewiesen

Nun herrscht Gewissheit: Bei am Neckarufer gefundenen Schwänen wurde die Hochpathogene Aviäre Influenza (Geflügelpest) nachgewiesen. Das ist ein Grund zur Vorsicht, nicht aber zur Panik.

05.01.2023

Von itz/hoy

In der Nähe des Tübinger Tennisclubs tummelten sich am Mittwoch einige Schwäne. Bild: Klaus Franke

In der Nähe des Tübinger Tennisclubs tummelten sich am Mittwoch einige Schwäne. Bild: Klaus Franke

Vor einigen Tagen machte eine Gruppe Tübinger Jäger eine seltsame Entdeckung. Schwäne am Lustnauer Neckar verhielten sich im Wasser seltsam, an Land konnten sie sich gar nicht mehr auf den Beinen halten. Sie waren offensichtlich krank. Die Jäger schalteten umgehend das Tübinger Veterinäramt ein.

Erste Tests des Tierärztlichen Untersuchungsamtes in Aulendorf ließen bereits Ungutes vermuten, seit Donnerstag herrscht nun Gewissheit: Die Tiere litten an der als Vogelgrippe bekannten Geflügelpest. Das ergaben Analysen des Greifswalder Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI).

Insgesamt waren bislang neun Schwäne im Tübinger Stadtteil Lustnau sowie in Kirchentellinsfurt betroffen – sechs verendeten, drei mussten aufgrund der Krankheitserscheinungen erlegt werden. Entsprechende Informationen bestätigte das Ministerium für Ländlichen Raum am Donnerstag. Bei zwei der betroffenen Tiere wurde demnach der in Deutschland übliche Subtyp H5N1 nachgewiesen. Die Proben der anderen Schwäne werden noch genauer analysiert, auch sie wiesen jedoch bereits den Subtyp H5 auf.

„Der Schutz vor einem Eintrag der hochpathogenen Viren der Geflügelpest in Hausgeflügelbestände und einer möglichen weiteren Verbreitung der Infektionen hat jetzt Priorität“, wird Landwirtschaftsminister Peter Hauk (62, CDU) in einer Pressemitteilung zitiert. Schutzmaßnahmen für den Kreis Tübingen wurden umgehend in einer Allgemeinverfügung angeordnet, die vorerst bis zum 31. März gilt.

Geflügel muss aufgestallt werden

Die Verordnung besagt unter anderem, dass alle Geflügelhalter im Landkreis Tübingen ab sofort Hühner aller Art, Fasane, Wachteln, Enten, Gänse, Strauße, Emus und Nandus aufstallen müssen. Das betrifft gewerbliche und private Haltungen. Speziell Haltungen bis zu 1000 Tieren sind nun von schärferen Maßnahmen betroffen. Wer mehr Geflügel hält, musste sich schon zuvor an strengere Regeln halten. Zudem dürfen Geflügelausstellungen und -märkte nur noch in geschlossenen Räumen durchgeführt werden. Direkte und indirekte Kontakte des Geflügels und sonstiger gehaltener Vögel mit Wildvögeln müssten unbedingt verhindert werden, so Minister Hauk.

Auch sollte darauf verzichtet werden, Schwäne und Enten im Neckar zu füttern, da so größere Mengen zusammenkommen können. Halter von Hunden und Katzen sollten darauf achten, dass ihre Tiere erkrankte und tote Vögel nicht beißen oder mit deren Kot in Kontakt kommen. Meist erkranken zwar nur Vögel, doch andere Tiere können das Virus weiterverbreiten.

Das Virus ist für Menschen kein Grund zur Panik: Das RKI (Robert-Koch-Institut) schätzt das Risiko der Übertragung als sehr gering ein – und zwar sowohl für die Übertragung von Vögeln auf Menschen als auch von Mensch zu Mensch. Bisher ist in Deutschland nach RKI-Angaben kein Erkrankungsfall bei Menschen durch Vogelgrippeviren aufgetreten – dabei besteht schon bei einem Verdachtsfall eine Meldepflicht.

Keine weiteren Verdachtsfälle

Das Tübinger Landratsamt will nun vor allem die Öffentlichkeit sensibilisieren, wie Behördensprecherin Martina Guizetti auf Nachfrage mitteilte. Demnach nahm das Veterinäramt auch direkt Kontakt zu relevanten Organisationen – beispielsweise Kreisbauernschaft, Jäger, Polizei, Feuerwehr – auf, die ein offenes Auge haben sollen. Bislang, so Guizetti, seien glücklicherweise keine weiteren verdächtigen Schwäne ausgemacht worden. Nicht geklärt werden kann dagegen, wo sich die hiesigen Schwäne mit der Hochpathogenen Aviären Influenza (HPAI H5) infiziert haben.

Die Geflügelpest-Fälle in Lustnau und Kirchentellinsfurt waren die ersten in Baden-Württemberg seit April 2022 (siehe Infobox). Laut der Risikobewertung des FLI muss jedoch seit längerem mit einer Ausbreitung der Seuche gerechnet werden. Minister Hauk appelliert deshalb regelmäßig an die Geflügelhalter, die geforderten Bioschutzmaßnahmen einzuhalten. Und auch, das gehaltene Geflügel beim Veterinäramt zu registrieren.

Alle Beteiligten hoffen nun, dass das Virus von den Geflügelhaltungen fern bleibt. Kommt es anders, wäre es für viele Tiere der sichere Tod.

Wer verendete oder kranke Vögel im Kreis Tübingen entdeckt, sollte die Tiere nicht anfassen und dies dem Veterinäramt unter genauer Angabe des Fundorts schnellstmöglich mitteilen. Telefon: 07071/3202. E-Mail: veterinaerwesen@kreis-tuebingen.de.

Ausbrüche der Vogelgrippe sind keine Seltenheit

Vereinzelte Ausbrüche der Vogelgrippe sind in Deutschland keine Seltenheit. Nach der ersten großen Welle von 2006, während der im Kreis Tübingen keine Fälle aufgetreten waren, häuften sich zuletzt wieder die Nachweise. Alleine im Zeitraum von 1. bis 8. Dezember 2022 registrierte das FLI 84 Fälle bei Geflügel in Deutschland, alle vom Subtyp H5N1, allerdings keine in Baden-Württemberg.

Zuvor wurde vom 6. Januar bis 8. Juli des vergangenen Jahres bei 934 Wildvögeln bundesweit das Virus nachgewiesen. Im Frühjahr 2022 gab es Nachweise bei Wildgänsen und Schwänen beispielsweise in den Kreisen Böblingen, Karlsruhe (wo unter anderem der Zoo betroffen war) und im Ostalbkreis. Seither waren in Baden-Württemberg keine Fälle mehr aufgetreten – bis jetzt.

Zuletzt war vor allem Nordrhein-Westfalen betroffen. Dort wurde die Vogelgrippe im Dezember an elf Orten nachgewiesen, was für hunderttausende Tiere den Tod bedeutete, wie der WDR berichtet. Experten sprechen inzwischen von einer Endemie in Europa. Üblicherweise grassiert das Virus aufgrund des Vogelzugs vor allem in den Wintermonaten, oft wird es aus Küstenregionen eingeschleppt.

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Erstellt:
05.01.2023, 12:58 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 32sec
zuletzt aktualisiert: 05.01.2023, 12:58 Uhr

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