Fußball

VfB Stuttgart mit Kaltstart in die heiße Phase

Nichts wird für die Spieler des VfB Stuttgart mehr so sein, wie sie es gewohnt waren. Auch für Trainer Pellegrino Matarazzo stellen sich neue Herausforderungen.

11.05.2020

Von stn/stz

Fröhlich trotz Kontaktbeschränkungen: VfB-Chefcoach Pellegrino Matarazzo und Stürmer Mario Gomez im Training. Foto: Eibner-Pressefoto

Fröhlich trotz Kontaktbeschränkungen: VfB-Chefcoach Pellegrino Matarazzo und Stürmer Mario Gomez im Training. Foto: Eibner-Pressefoto

Sven Mislintat stellt sich auf gewöhnungsbedürftige Bilder ein. Trainer mit Mundschutz am Spielfeldrand; Ersatzspieler, die nur jeden zweiten Platz auf der Bank besetzen und ebenfalls eine Maske im Gesicht tragen. Dazu nur etwa 100 Menschen, die sich im Innenraum der Arena bewegen. Das alles erwartet der Sportdirektor des VfB Stuttgart in einer gespenstischen Stadion-Atmosphäre. Strenge Auflagen begleiten den Profifußball bei der Wiederaufnahme des Spielbetriebs vor leeren Zuschauerrängen, und nichts wird nach der Corona-Pause mehr so sein, wie man es seit Jahren kennt, wenn der nächste Anpfiff in der Bundesliga am 16. Mai erfolgt.

Tags darauf geht es für den VfB beim SV Wehen Wiesbaden los– und für den Zweitliga-Zweiten wird es ein Kaltstart in die heiße Saisonphase. Neun Spieltage stehen im Aufstiegsrennen noch aus. Zumindest, sofern das Team von Trainer Pellegrino Matarazzo nicht in die ungeliebte Relegation muss. Und erst seit Donnerstagnachmittag stehen die Stuttgarter wieder im Mannschaftstraining – nach fünf Wochen üben in Kleingruppen.

„Im Grunde ist es nur eine leichte Veränderung, aber sie bedeutet viel“, sagt Mislintat. Denn nur so werden die Stuttgarter auf den Punkt wieder spielfähig sein. „Das ist der wichtigste Schritt“, sagt der Sportdirektor zu den Vorbereitungen. Wobei den Aufstiegsaspiranten nicht nur die Frage umweht, wie schnell er wieder in Tritt kommt, sondern auch, wie er mit der Sondersituation während der Pandemie klarkommt.

Vorfreude auf Zweikämpfe

Angst vor einer Ansteckung könne Mislintat in den Gesichtern der Spieler jedoch nicht erkennen. Vielmehr Freude über die Möglichkeit, wieder dem Ball nachzujagen und dabei auch Zweikämpfe zu bestreiten. „Ich kann der Gruppe nur ein Riesenkompliment aussprechen, wie sie mit den widrigen Umständen bisher umgeht“, sagt Mislintat. Dabei meint der Sportdirektor nicht nur das Einhalten der Hygienevorschriften sowie das Akzeptieren der reduzierten sozialen Kontakte. Denn nun werden sich die Spieler noch mehr einschränken müssen, nachdem am Samstag der letzte Corona-Test erfolgt ist. Am Sonntag ging es ins Trainingslager vor den Toren Stuttgarts.

29 Spieler waren vorgesehen, die mit in das Hotel fahren, darunter die Nachwuchskräfte Antonis Aidonis (Abwehr) und Sebastian Hornung (Torwart). Nicht mit dabei sind der verletzte Borna Sosa (Knieprobleme) sowie der 1 Jahre alte Mittelfeldspieler Lilian Egloff, der in seinen Schul-Abschlussprüfungen steckt. Sie gehören dann vorerst nicht zu den Kandidaten, aus denen Matarazzo seine Elf für die Begegnung beim Tabellen-16. formiert. Denn zu den Vorgaben des Konzepts der Deutschen Fußball-Liga gehört, dass sich die Mannschaften in den nächsten Wochen von der Außenwelt abschotten.

Kein Kontakt zu Familie und Fans

Die Stuttgarter haben dazu eine Mix-Lösung gewählt, die zum einen nah genug ist, um die gute Infrastruktur des eigenen Klubgeländes zu nutzen. Zum anderen liegt das Hotel weit genug weg, um Spieler nicht in Versuchung zu bringen, sich mit Familie und Freunden zu treffen. Auch bittet der VfB um Verständnis dafür, dass der Kontakt zu den Fans ebenfalls nicht vorgesehen ist.

Im Zentrum der schwäbischen Aktivitäten steht nach dem Krisenmanagement die Konzentration auf das Wesentliche: den Fußball unter Einhaltung der behördlichen Vorschriften. Das wird schwer genug, da noch nie eine vergleichbare Situation für Trainer und Spieler zu bewerkstelligen war. Die Unterbrechung war länger als eine Sommerpause: Zwei Monate sind seit dem letzten Spiel gegen Arminia Bielefeld (1:1) vergangen. Trainiert wurde jedoch nur individuell und in Gruppen, inhaltlich vor allem konditionell und technisch. Taktische Schulungen fanden per Video oder mit großem Abstand auf dem Platz statt. Matarazzo hatte dabei die Aufgabe, den Spielern Spaß zu vermitteln und sie gleichzeitig unter Spannung zu halten – ohne wirklich zu wissen, wann es wieder ernst wird.

Nun ist es klar, und der Chefcoach muss mit seinen Assistenten die einzelnen Elemente wieder zu einem Ganzen zusammenfügen. Ohne jedes Vorbereitungsspiel und durchaus mit einem gewissen Verletzungsrisiko nach der langen Auszeit. Man darf also gespannt sein, was für ein Fußball nach dem Neustart beim VfB Stuttgart herauskommt.

Stadt-Sport erhofft sich neue Erkenntnisse

Der VfB Stuttgart darf trotz der Corona-Krise wieder Fußball spielen – davon sollen auch die Vereine anderer Sportarten profitieren. Das jedenfalls findet die Grünen-Fraktion im Stuttgarter Gemeinderat, die nun einen entsprechenden Antrag eingereicht hat. Darin heißt es, das Gesundheitsamt solle den Zweitligisten darum ersuchen, seine Erfahrungen und Erkenntnisse bei der Corona-Vorsorge dem gesamten Stuttgarter Sport zur Verfügung zu stellen. „Der VfB könnte damit beweisen, dass er seiner gesellschaftlichen Verantwortung nachkommt und sich als Teil der Stuttgarter Sportszene begreift“, sagt der Grünen-Stadtrat Florian Pischel und denkt vor allem an die Bundesligisten anderer Sportarten, aber auch Amateurvereine. - stn

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Erstellt:
11.05.2020, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 22sec
zuletzt aktualisiert: 11.05.2020, 06:00 Uhr

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