Fußball

Vertrauen statt Manpower

In Baden-Württembergs Stadien sind 20 Prozent weniger Polizisten im Einsatz als vor drei Jahren. Das Konzept „Stadionallianzen“ macht sich bezahlt.

20.11.2019

Von DPA

Ein solches massives Polizeiaufgebot wie hier am Karlsruher Wildpark soll es dank des Stadionallianzen-Konzepts bei Fußballspielen künftig nicht mehr geben. Foto: Uli Deck/dpa

Ein solches massives Polizeiaufgebot wie hier am Karlsruher Wildpark soll es dank des Stadionallianzen-Konzepts bei Fußballspielen künftig nicht mehr geben. Foto: Uli Deck/dpa

Stuttgart. Als der Karlsruher SC zuletzt im April 2017 in der Mercedes-Benz Arena gegen den VfB Stuttgart spielte, flogen unter anderem Leuchtraketen auf den Rasen. Die Partie stand kurz vor dem Abbruch. Am Sonntag (13.30 Uhr/Sky) kommt es wieder zum schwäbisch-badischen Zweitliga-Duell der Fußball-Rivalen. Die Konsequenzen werden sichtbar sein. Es gibt nur alkoholfreies Bier im Stadion, neben den KSC-Fans bleiben Blöcke als Puffer leer. Die Zahl der Polizisten aber wird deutlich niedriger sein als vor zweieinhalb Jahren.

Wie das geht? Mit einem bundesweit einzigartigen Sicherheitskonzept. Die sogenannten Stadionallianzen stoßen inzwischen auf großes Interesse. „Die anderen Bundesländer wollen natürlich insbesondere bei Hochrisikospielen wie zwischen dem VfB und dem KSC sehen, wie das Konzept bei uns funktioniert“, sagt Uwe Stahlmann aus dem Innenministerium Baden-Württemberg. „Der Erfolg des Konzepts hängt jedoch nicht allein von diesem einen Spiel ab.“

Das baden-württembergische Vorgehen beruht auf einem einfachen Ansatz: Vereine, Polizei, Ordnungsdienste und Ämter stimmen sich im Gegensatz zu früher viel enger ab, helfen sich mit Informationen und beschließen am Ende einen gemeinsamen Plan für jedes einzelne Spiel. Vorgaben aus dem Ministerium gibt es grundsätzlich keine mehr. Entscheidend ist: gegenseitiges Vertrauen. Das führt dazu, dass die Zahl der Einsatzkräfte massiv gesunken ist, weil die Brisanz vieler Begegnungen tatsächlich gar nicht so hoch ist, wie oft angenommen wurde.

Aus 183 900 Einsatzstunden der Polizei in der Saison 2016/2017 sind nach Angaben des Ministeriums so nur noch 145 706 Einsatzstunden in der vergangenen Spielzeit geworden – jeder fünfte Polizist also war für andere Aufgaben verfügbar. „Zu mir hat man früher immer gesagt, für ein Bundesligaspiel braucht man eine Grundversorgung von mindestens 100 Einsatzkräften der Polizei. Das haben wir schon mehrmals unterboten“, so Stahlmann.

Für die Partie VfB gegen KSC heißt das: Statt etwa 1000 Polizisten wie vor zweieinhalb Jahren werden an diesem Wochenende nur etwa 400 bis 600 Beamte eingesetzt. Beim Heimspiel des VfB gegen Dynamo Dresden waren es statt 1000 nur 240. „Sicherheit gibt es nur gemeinsam“, betont Stahlmann. „Es müssen die richtigen Leute an der richtigen Stelle sitzen und vertrauensvoll zusammenarbeiten.“

Allerdings stehen am Sonntag auch zwei Wasserwerfer in der Nähe des Stadions – einer der Gründe, deretwegen die Ultras die Euphorie über Stadionallianzen und die gesparten Polizisten nicht teilen. Beamte mit Helm und Panzerung wirken auf sie unverändert wie eine Drohung ohne Anlass.

Die Deutsche Fußball Liga (DFL) dagegen ist großer Fan des Ansatzes, der auch im Streit um Polizeikosten mit anderen Bundesländern Argumente liefert. „Ich wünsche mir, dass weitere Bundesländer diesem guten Beispiel folgen“, sagt DFL-Direktor Ansgar Schwenken.

Auch wenn Stahlmann für das Derby am Sonntag nichts versprechen kann: Davon, dass der Fußball keine Problemsportart ist, ist der 53-Jährige überzeugt. „Fußball ist keine Sache, die per se gewalttätig ist. Fußball ist erst mal friedlich. Nahezu 80 Prozent der Spiele gehen vollkommen geräuschlos und ohne Störung über die Bühne“, betont er.

Am Sonntag werden 56 880 Zuschauer erwartet. An Stahlmanns von Innenminister Thomas Strobl (CDU) gestützter Herangehensweise in Baden-Württemberg wird sich deshalb nichts ändern. „Fußball ohne Polizei - geht das? Das ist zumindest die Vision“, sagt er. dpa

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Erstellt:
20.11.2019, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 39sec
zuletzt aktualisiert: 20.11.2019, 06:00 Uhr

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