Corona

Verliert der Bund seine Sonderrechte in der Pandemie?

In der Politik mehren sich die Stimmen, die Regeln Ende November auslaufen zu lassen. Kritiker sehen darin das falsche Signal an die Bevölkerung.

20.10.2021

Von Hajo Zenker

Angesichts steigender Impfquoten ist eine „ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik“ zweifelhaft. Foto: Sven Hoppe/dpa

Angesichts steigender Impfquoten ist eine „ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik“ zweifelhaft. Foto: Sven Hoppe/dpa

Berlin. Verliert Ende November der Bund seine Sonderrechte in der Pandemiebekämpfung? Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zumindest hat das in Aussicht gestellt. Dazu müsste die mehrfach vom Bundestag festgestellte „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ auslaufen. Diese gibt dem Bund das Recht, Verordnungen zu erlassen, etwa zu Tests, Impfungen, zum Arbeitsschutz oder zur Einreise. Die Länder können auf dieser Grundlage Maßnahmen wie Maskenpflicht oder Kontaktbeschränkungen festlegen.

Für die SPD-Vizefraktionschefin Bärbel Bas ist Spahns Vorstoß allerdings nur eine „persönliche Sicht auf die Dinge“. Die Entscheidung liege „am Ende jedoch beim Deutschen Bundestag, der sich in der kommenden Woche konstituiert“. Er werde entscheiden, welche Maßnahmen weiterhin notwendig seien. „Die rechtlichen Möglichkeiten für bestimmte Schutzmaßnahmen der Länder, wie etwa das Tragen von Masken, sollten aber in jedem Fall erhalten bleiben.“ Komplett gegen Spahn stellt sich der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach. Das Auslaufen wäre seiner Meinung nach „das falsche Signal“. Deutschland brauche „mehr Erfolg beim Impfen, sinkende Inzidenz, Schutz unserer Kinder“. Erst wenn das gelungen sei, „kann der Bundestag die Epidemie beenden“.

Anders sieht das bei den potenziellen Koalitionspartnern aus. Die FDP, die schon im August gegen die Verlängerung gestimmt hatte, bekräftigte ihre Haltung. Der Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann sagte, mit den Verordnungen des Bundes müsse Schluss sein, es solle regional auf die Pandemie reagiert werden. Und die Grünen, die zuletzt ebenfalls gegen die Verlängerung votiert hatten, fordern „einen verlässlichen Fahrplan, wie langfristig Maßnahmen gesichert werden können und gleichzeitig die Sonderregelung beendet werden kann“, so die Gesundheitspolitikerin Kordula Schulz-Asche. Es gehe um eine Regelung, „die Planbarkeit schafft und einen Weg aus der Pandemie ebnet“.

Dagegen ist für den Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, der bereits mehrfach einen „Freedom Day“, also die komplette Aufhebung aller Corona-Beschränkungen, gefordert hatte, die Ankündigung von Jens Spahn absolut „folgerichtig“. Ab Ende November könnten die staatlichen Corona-Regeln entfallen. Diese Vorlaufzeit sei notwendig, damit sich noch mehr Menschen impfen lassen könnten, worauf er setze. „Der Freedom Day rückt also schrittweise näher.“ Die epidemische Lage war am 25. März 2020 festgestellt und zuletzt am 25. August 2021 um drei Monate verlängert worden. Sie liegt laut Infektionsschutzgesetz vor, „wenn eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik Deutschland besteht“. Hajo Zenker

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Erstellt:
20.10.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 11sec
zuletzt aktualisiert: 20.10.2021, 06:00 Uhr

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