Tübingen · Abschiebung

Mann soll in der Ausländerbehörde verhaftet worden sein

Ein Pakistaner soll im Bürgeramt festgenommen und abgeschoben worden sein.

08.02.2020

Von Sabine Lohr

Das Tübinger Bürgeramt. Archivbild: Ulrich Metz

Das Tübinger Bürgeramt. Archivbild: Ulrich Metz

Am vergangenen Dienstag, 4. Februar, soll der Pakistaner Sabir H., der in der städtischen Anschlussunterkunft in der Europastraße wohnte, im Bürgeramt verhaftet und ins Abschiebegefängnis nach Pforzheim gebracht worden sein. Das berichten Bewohner der Unterkunft, dessen Unterstützerkreis und das Bündnis für Bleiberecht in einem offenen Brief.

Demnach soll Sabir H. einen Termin bei der Ausländerbehörde im Bürgeramt gehabt haben. Dort habe bereits die Polizei auf ihn gewartet und ihn festgenommen. „Es ist eine Schande, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Stadtverwaltung sich an solch einer unwürdigen Aktion beteiligen, indem sie Menschen unter einem Vorwand in ihre Büros einladen, um ihn dort von der Polizei verhaften und anschließend deportieren zu lassen“, schreiben die Autoren des Briefes. Sie seien „schockiert und wütend“ über diesen Vertrauensbruch.

Flüchtlinge: Das Vertrauen ist infrage gestellt

Etliche Bewohner der Unterkunft in der Europastraße hätten noch keinen gesicherten Aufenthaltstitel und müssten deshalb regelmäßig zur Ausländerbehörde. Davor hätten sie nun große Angst. „Wie sollen wir den Mitarbeitern dort jetzt noch vertrauen?“, schreiben die Bewohner der Europastraße.

Es gebe kein Gesetz, das die städtische Ausländerbehörde dazu zwinge, „in so einer vollkommen inakzeptablen Art und Weise aktiv an solchen Abschiebungen mitzuwirken“, heißt es. Hinzu komme, dass eine solche Art der Abschiebung „die Unmenschlichkeit und Gewalt, die der betroffenen Person angetan wird, noch weiter steigert“. Diese Art mache es der betroffenen Person unmöglich, sich von ihrem sozialen Umfeld zu verabschieden, sich in irgendeiner Weise auf die Zwangsmaßnahme vorzubereiten und eigene Sachen, Unterlagen oder Medikamente mitzunehmen. „Wer an solchen Abschiebungen mitwirkt, entscheidet damit auch, dass grundlegende Menschenrechte für den betroffenen Menschen nicht mehr gelten“.

Bislang keine Bestätigung der Stadtverwaltung

Die sowohl für Flüchtlinge als auch für Ordnung zuständige Bürgermeisterin Daniela Harsch konnte den Vorfall gestern weder bestätigen noch dementieren. Sie müsse sich zunächst bei der Ausländerbehörde erkundigen, was gestern Nachmittag nicht mehr möglich gewesen sei, sagte sie gegenüber dem TAGBLATT. Am Montag will sie sich zu dem Vorfall und den Hintergründen äußern.

Kundgebung auf dem Holzmarkt

Der offene Brief ging auch an Harsch, an Oberbürgermeister Boris Palmer und an die Fraktionen des Gemeinderats. Die Verfasser rufen für den heutigen Samstag, 8. Februar, um 12 Uhr auf dem Holzmarkt zu einer Kundgebung mit dem Titel „#WirHabenPlatz“ auf. Sie fordern einen „ehrlichen, fairen und solidarischen Umgang“ der Stadtverwaltung mit allen Tübingerinnen und Tübingern, „unabhängig davon, ob sie ausländische Wurzeln haben und egal, welchen Aufenthaltsstatus sie haben. slo

Zum Artikel

Erstellt:
08.02.2020, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 16sec
zuletzt aktualisiert: 08.02.2020, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport
Newsletter Prost Mahlzeit
Sie interessieren sich für gutes und gesundes Essen und Trinken in den Regionen Neckar-Alb und Nordschwarzwald? Sie wollen immer über regionale Gastronomie und lokale Produzenten informiert sein? Dann bestellen Sie unseren Newsletter Prost Mahlzeit!