Komikerin

Hazel Brugger: „Unser Humor ist einzigartig“

Ihr neues Programm heißt „Kennen Sie diese Frau?“ – dabei ist Hazel Brugger mit Ehemann Thomas Spitzer auch abseits der Bühne mit Youtube-Videos und Podcasts erfolgreich .

01.10.2021

Von JANA ZAHNER

Hazel Brugger hat zusammen mit ihrem Ehemann Thomas Spitzer die Produktionsfirma „Viel Spaß GmbH“ gegründet und verspricht „handgemachte, regionale Comedy in Bio-Qualität“. Foto: Noëlle Guidon

Hazel Brugger hat zusammen mit ihrem Ehemann Thomas Spitzer die Produktionsfirma „Viel Spaß GmbH“ gegründet und verspricht „handgemachte, regionale Comedy in Bio-Qualität“. Foto: Noëlle Guidon

Köln. Absurde Geschichten treffen auf trockenen Humor, vorgetragen mit meist unbewegter Miene: Dafür ist die Schweizerin Hazel Brugger bekannt. Ihre Karriere begann die 27-Jährige auf Poetry-Slam-Bühnen, als Reporterin für die ZDF-Polit-Satire „Heute-Show“ nahm sie Politiker in die Mangel. 2020 gründete Brugger mit ihrem Ehemann und Kollegen Thomas Spitzer die „Viel Spaß GmbH“ – das Paar produziert eigene Unterhaltungsformate wie Videos und Podcasts. Kürzlich erschien bei Diogenes auch ein Wimmelbuch zu ihrer Youtube-Reihe „Deutschland, was geht“. In diesem Herbst tourt die nahe Zürich aufgewachsene Brugger mit ihrem neuen Comedy-Programm „Kennen Sie diese Frau?“ durch die Bundesrepublik und die Schweiz.

Frau Brugger, auf der Webseite der „Viel Spaß GmbH“ versprechen Sie „handgemachte, regionale Comedy in Bio-Qualität“ – was zeichnet ihren Humor aus?

Hazel Brugger: Unser Humor ist einzigartig, weil Thomas und ich zu zweit arbeiten. Natürlich haben wir ein fantastisches Team, das uns unterstützt, aber wir haben das letzte Wort. Das ist ungefähr so, als würden Ben Cohen und Jerry Greenfield von Ben & Jerry's noch jede Eissorte mit dem eigenen Löffel probieren. Wir sind künstlerisch komplett unabhängig.

Wie würden Sie den derzeitigen Zustand der deutschen Comedy-Szene beschreiben?

Wahnsinnig spannend, was da alles entsteht. Jeder kann im Internet auf sich aufmerksam machen, man braucht keine großen Medienhäuser oder Produktionsfirmen mehr, sondern kann direkt von den Fans entdeckt werden. Das merkt man auch daran, wie divers Comedy mittlerweile ist.

Junge Künstler wie Sie selbst, Felix Lobrecht oder Özcan Cosar sind in diesem Jahr für den Deutschen Comedypreis nominiert. Da scheint sich ein Generationswechsel in der Branche vollzogen zu haben.

Nicht nur bei denen vor der Kamera, auch bei den Konsumenten. Ich finde, früher gab es deutlich weniger junge Zuschauer bei Comedy-Shows. Heute ist ein Großteil unter 25 Jahre alt.

2020 erschien Ihr Programm „Tropical“ auf Netflix, Sie sind mit den Podcasts „Nur verheiratet“ und „Good vibes only“ erfolgreich. Corona hat Sie offenbar nicht ausgebremst. . .

Durch Corona hat sich bei mir viel verändert und ich bin Mutter geworden, was immer die Angst mit sich bringt, danach weg vom Fenster zu sein. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Mit einem Kind lernt man, sich zu fokussieren. Ich hatte das Glück, keine Solokünstlerin zu sein, sondern mit meinem Mann als Duo zu arbeiten. Thomas hat jahrelang an den Konzepten gearbeitet und während das Live-Geschäft auf Eis lag, haben wir auf Youtube und mit unseren Podcasts Vollgas gegeben.

Sie haben auch geheiratet, ein Haus gekauft. Wie sehr beeinflussen all diese Erfahrungen Ihr neues Bühnenprogramm „Kennen Sie diese Frau?“

Das Haus weniger, das muss erst in einen bewohnbaren Zustand gebracht werden. Aber das Muttersein ist auf jeden Fall ein Thema, auch wenn das Programm nicht nur für Eltern etwas ist. Ich fand immer komisch, dass es kaum Frauen gibt, die auf der Bühne ehrlich darüber sprechen, wie es ist, Mutter zu sein – im positiven wie im negativen Sinne.

Kleine Kinder können sehr anstrengend sein. Fällt Ihnen das Texte schreiben in stressigen Zeiten schwerer oder ist es ein willkommenes Ventil?

Es ist ein willkommenes Ventil, aber ich muss wach dafür sein. Manchmal sind die Tage so matschig, dass einfach nichts passiert.

Auf der Bühne haben Sie einmal Gebären mit einem Bernhardiner verglichen, den man durch eine Katzentür schiebt – und die Fähigkeiten von Babys mit einem Laib Brot. Gibt es Dinge, die Sie als Mutter nicht mehr lustig finden?

Ich bin überrascht, wie akkurat ich das damals schon eingeschätzt habe. Es ist so krass, wie wenig ein Baby am Anfang kann, es ist zu 100 Prozent auf dich angewiesen. Erst seit kurzem kann meine Tochter sich ihre Schlafposition selbst aussuchen. Über was ich Witze mache, hat sich aber nicht geändert.

Junge Eltern werden heute auch durch das Internet geradezu von guten Ratschlägen überschwemmt. Was ist das Witzigste, das Sie je über Babys gelesen haben?

Jemand hat mal Thomas und mir geschrieben: Kauft euch kein Babybett, schmeißt auch euer eigenes Bett raus. Legt einfach für die nächsten zehn Jahre ganz viele Matratzen in das Schlafzimmer. Damit das Kind nicht aus dem Bett fallen kann und die ganze Familie in einem Raum schläft. Was für ein krasser Typ, dachte ich mir (lacht). So drastische Lösungen finde ich schon witzig.

Sie sind für Ihre Einsätze bei der Politsatire „Heute-Show“ bekannt. Sie haben mit Alice Weidel (AfD) Kanzlerinnen-Witze erfunden oder mit Claudia Roth (Grüne) vegane Mettigel geformt. Wie hat das Ihr Bild von der deutschen Politik verändert?

Bei jedem Politiker, jeder Politikerin hat mich einfach nur überrascht, wie sehr das ganz normale Menschen sind, jeder mit eigenen Unsicherheiten und Fähigkeiten. Weder sind sie böse, noch haben sie Ahnung von allem. Und dumm oder faul sind auch die wenigsten. Es sind wahnsinnig fleißige Menschen, die sich extrem für ein Thema interessieren. Wobei ich auch überrascht war, wie langweilig Politik manchmal sein kann. Zum Teil hatte ich den Eindruck, dass die das Gespräch mit mir als willkommene Abwechslung empfinden, selbst wenn sie sich zum Affen machen. Es ist ein harter Job.

Wie schaffen Sie es eigentlich, in solchen Situationen immer so bierernst und trocken zu bleiben?

Ich stelle mir vor, dass das, was gerade passiert, ganz schlimm ist.

Denken Sie, gute Satire ist wichtig für eine Demokratie?

Ja, auf jeden Fall. Die Tatsache, dass man sich überhaupt über Dinge lustig machen kann, zeigt, wie gesund eine Demokratie ist. Am Beispiel Russland sieht man, wie humorlos und menschenverachtend Politik sein kann.

Sie sind erst 27 Jahre alt. Wo führt Sie ihre Karriere noch hin und was wollen Sie noch ausprobieren?

Ich würde gerne das, was wir auf Youtube machen, vor einem größeren Publikum ausbauen. Sei es im Fernsehen oder auf einer anderen Streamingplattform.

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Erstellt:
01.10.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 01sec
zuletzt aktualisiert: 01.10.2021, 06:00 Uhr

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