Gesundheit
Unikliniken gegen neuen Standort
Die Stuttgarter Pläne für eine weitere Medizinische Fakultät stoßen auf erhebliche Widerstände.
Stuttgart. Die Universitätskliniken Tübingen, Freiburg, Heidelberg, Mannheim und Ulm haben sich klar gegen Überlegungen der grünen Regierungsspitze positioniert, für die Schaffung zusätzlicher Medizinstudienplätze im Land neue Ausbildungsstandorte zu schaffen. „Wir sehen die Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten in Baden-Württemberg durch die bestehenden fünf Medizinischen Fakultäten aktuell und in Zukunft ausreichend sichergestellt“, heißt es in einem gemeinsamen Brief an Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Wissenschaftsministerin Theresia Bauer, Finanzministerin Edith Sitzmann und Sozialminister Manfred Lucha (alle Grüne). Die Gründung neuer Unikliniken wäre weder aus wissenschafts- noch aus gesundheitspolitischen Gründen sinnvoll oder gar notwendig, warnen die Dekane, Leitenden Ärztlichen Direktoren und Kaufmännischen Direktoren der fünf Unikliniken, die das Schreiben unterzeichnet haben.
Kritik an Stuttgarter Plänen
Hintergrund des Brandbriefs ist ein Vorstoß des mit Altlasten (siehe Artikel „Krankes System“) kämpfenden Stuttgarter Klinikums, das durch ein „Beleihungsmodell“ den Status einer Uniklinik anstrebt. Danach soll die vorklinische Ausbildung bis zum Physikum an einem bestehenden Standort verbleiben, Stuttgart dann aber die klinische Ausbildung übernehmen. Stuttgart verspricht sich davon mehr Prestige, Einnahmen – und Landesmittel. Die Pläne werden durch Äußerungen von Staatsminister Klaus-Peter Murawski flankiert. Der Grüne tritt nicht nur offensiv für den Ausbau der Medizinstudienplätze sein. Der frühere Stuttgarter Krankenhausbürgermeister hat in dem Zusammenhang auch die kommunalen Großkliniken in Stuttgart und Karlsruhe als mögliche neue Standorte ins Spiel gebracht. Villingen-Schwenningen hat im Staatsministerium ebenfalls Interesse angemeldet.
An den bestehenden Unikliniken gibt es indes Zweifel, ob die Ausbildungskapazität im Land ausgebaut werden muss. Durch neue Modelle der Versorgung könne „bereits kurz- bis mittelfristig“ eine flächendeckende Verbesserung der Versorgung „auch ohne weiteren Ausbau der Medizinstudierendenzahlen in Baden-Württemberg erzielt werden“, schreiben sie. Sollte die Politik eine Erhöhung der Studienplätze für sinnvoll erachten, sei dies an den bestehenden Standorten „wesentlich einfacher, qualitätsgesichert und ökonomisch effizienter zu erreichen“. Kurzfristig könnten sie 100 bis 150 weitere Studienplätze pro Jahr einrichten, schreiben die Spitzen der fünf Unikliniken.
Roland Muschel