Musiktheater

Udo Zimmermann gestorben

Er komponierte die Oper „Die weiße Rose“ und war Kulturpolitiker. Zum Tod von Udo Zimmermann.

23.10.2021

Von Jürgen Kanold

Im Alter von 78 Jahren gestorben: Udo Zimmermann.  Foto: Arno Burgi/dpa

Im Alter von 78 Jahren gestorben: Udo Zimmermann. Foto: Arno Burgi/dpa

Dresden. Zwei junge Menschen in der Stunde vor ihrer Hinrichtung, in Todesängsten. Widerstand haben sie geleistet gegen den nationalsozialistischen Terror. Kein Requiem aber hat Udo Zimmermann für Sophie und Hans Scholl komponiert, sondern eine Kammeroper, die aufrüttelt. Eine melancholische Walzer-Melodie erklingt immer wieder, tröstlich, auf der Geige. Aber das ist dann vorbei: „Nie mehr schweigen!“ Da lärmt im Finale die Musik laut und fratzenhaft mit einem Zitat des Nazi-Lieds „Wenn wir marschieren“. Es ist unerträglich, es ist, wie Zimmermann selbst in der Partitur seines 1986 vollendeten Musiktheaters „Die weiße Rose“ notierte, „die groteske Maskerade einer erschreckend gleichgültigen Welt“.

Diese Oper gehört zu den meistgespielten Werken zeitgenössischer Musik. Schon als Student hatte der 1949 in Dresden geborene Zimmermann eine erste Oper über diesen wahren Stoff geschrieben. Dieser Komponist war immer ein auch politisch denkender Mann des Theaters gewesen, ein Meisterschüler Walter Felsensteins an der Komischen Oper in Berlin. Und er war ein Netzwerker, ein in Ost und West hoch geachteter Funktionär der Neuen Musik, ja ein Kulturpolitiker.

Er komponierte, dirigierte – aber er war auch Intendant. Etwa gleich nach der Wende in Leipzig, von 1990 bis 2001. Zimmermann war kein Jammer-Ossi, er realisierte jetzt große Oper, und zwar neue: den „Dienstag“ (1993) und den „Freitag“ (1996) aus Karl-Heinz Stockhausens „Licht“-Zyklus etwa. Aufwendige Projekte, durchgesetzt gegen viele Widerstände, ein internationales Aufsehen. Das lokale Leipziger Publikum gewann er damit natürlich nicht, er spielte damit das Haus eher leer. Aber er schrieb als Intendant Musikgeschichte. Zimmermann leitete auch die „musica viva“-Reihe des Bayerischen Rundfunks und in Dresden-Hellerau das Europäische Zentrum der Künste. Er wollte stets ein Ermöglicher sein.

Jetzt ist Udo Zimmermann nach langer schwerer Krankheit im Alter von 78 Jahren in seiner Heimatstadt an der Elbe gestorben. Jürgen Kanold

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Erstellt:
23.10.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 56sec
zuletzt aktualisiert: 23.10.2021, 06:00 Uhr

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