Reutlingen / Kirchentellinsfurt

Tübingen raus: Porsche & Customcells bauen Batteriefabrik in Mahden

Nach monatelanger Standortsuche hat sich der Autobauer Porsche mit seinem Tübinger Partner Customcells entschieden, wo beide im nächsten Jahr ihre Fabrik für Hochleistungsbatterien errichten werden: Die Produktionsstätte kommt ins interkommunale Wirtschaftsgebiet Mahden auf der Gemarkung Reutlingen-Nord (Altenburg) und Kirchentellinsfurt.

17.12.2021

Von Thomas de Marco

Hier auf der freien Fläche im interkommunalen Industriegebiet Mahden entsteht die Batteriefabrik von Cellforce. Bild: Horst Haas

Hier auf der freien Fläche im interkommunalen Industriegebiet Mahden entsteht die Batteriefabrik von Cellforce. Bild: Horst Haas

Die Entscheidung über den Standort war seit Wochen erwartet worden. Am heutigen Freitag ist nun nach TAGBLATT-Informationen der Vertrag über den Kauf des 28.151 Quadratmeter großen Grundstücks, das der Stadt Reutlingen gehört, geschlossen worden. Von dieser Fläche befinden sich 20 Prozent auf Reutlinger Gemarkung (Altenburg) und 80 Prozent auf Kirchentellinsfurter Gemarkung. Zum Preis wurde Stillschweigen vereinbart.

Käufer ist die Firma Cellforce Group, ein Gemeinschaftsunternehmen von Porsche und dem Tübinger Batteriespezialisten Customcells. Reutlingen setzte sich bei der Standortwahl nicht nur gegen Tübingen durch, sondern auch gegen Gärtringen und Heilbronn. In Mahden soll 2022 mit dem Bau einer Produktionsstätte begonnen werden, die zunächst pro Jahr Hochleistungs-Batteriezellen für 1000 Fahrzeuge herstellt, meldet Cellforce. Ihre Kapazität beträgt 100 Megawattstunden pro Jahr. 2024 soll die Produktion aufgenommen werden. Denkbar sei, dass die Cellforce-Batteriezellen in ein elektrisch angetriebenes High-Performance-Modell von Porsche eingebaut werden.

Der ursprüngliche avisierte Standort in Tübingen sei letztlich nicht ausgewählt worden, weil sich die Planung im Laufe der Zeit erheblich weiterentwickelt habe, erklärt Markus Gräf, einer von drei Geschäftsführern von Cellforce. „Ein klares Bekenntnis zum Standort Baden-Württemberg war für uns ein zentrales Kriterium. In Reutlingen-Nord/Kirchentellinsfurt profitieren wir von kurzen Wegen zu zahlreichen wichtigen Forschungs- und Industrialisierungspartnern im Raum Stuttgart.“

Dennoch bitter ist diese Entscheidung für Tübingen. Schließlich wurden Standorte in der Neckaraue, danach im Gewerbegebiet Bühl-Bonlanden geprüft. Dessen entscheidender Nachteil war allerdings, dass dieses Areal nicht als Industriegebiet ausgewiesen ist und Porsche deshalb juristische Probleme befürchtete. Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer war im Juni sogar bereits auf einer Pressekonferenz dabei, in der die Pläne gemeinsam mit den Firmenchefs sowie Ministerpräsident Winfried Kretschmann vorgestellt worden sind. „Tübingen soll der Porsche unter den Klimaschutz werden“, sagte Palmer damals.

„Tübingen ist für Porsche aufgrund der hier entstandenen Spitzenforschung als Standort für die Batteriezellfertigung erste Wahl geworden. Wir haben dafür zwei Grundstücke angeboten und eine Genehmigungen auf den Weg gebracht“, teilt Palmer in einem ersten Statement nun mit. „Die Fabrik ist in der Planung aber so schnell gewachsen, dass wir wegen der Knappheit an Flächen in Tübingen kein ausreichend großes Gelände anbieten konnten.“

Daher habe er seinen Amtskollegen Keck gebeten, einen Reutlinger Standort ins Spiel zu bringen und bei Porsche für diesen Standort geworben – eine Interpretation der Vorgänge, die sie in Reutlingen allerdings mit großer Verwunderung aufgenommen haben. In einer am späten Nachmittag noch von der Pressestelle der Stadt Tübingen nachgereichten Erklärung dankte Reutlingens OB Keck dann aber doch Palmer für dessen Einsatz.

„Ich bin sehr froh, dass diese gemeinsame Bewerbung von Erfolg gekrönt war. Das ist ein großer Erfolg der regionalen Wirtschaftsförderung und Beleg der guten Zusammenarbeit der beiden Städte im Oberzentrum“, sagt der Tübinger Oberbürgermeister. Der Anteil der Gemeinde Kirchentellinsfurt am interkommunalen Gewerbegebiet sichere über die Kreisumlage auch einen Anteil am möglichen Steueraufkommen der Batteriezellfabrik.

Lesen Sie zum Thema:

  • Warum Tübingen nicht den Zuschlag erhielt – ein Kommentar von Thomas de Marco: „Bei Porsche fährt Palmer neben der Spur“.
  • Die Batteriefabrik wird im Wirtschaftsgebiet Mahden gebaut – weitere Stimmen von Reutlingens Oberbürgermeister Thomas Keck, Kirchentellinsfurts Bürgermeister Bernd Haug sowie Cellforce-Geschäftsführer Markus Gräf.
  • Die Standortentscheidung sei ein „sehr guter Tag für die Reutlinger Wirtschaft“, sagt Peter Wilke, oberster Wirtschaftsförderer auf dem Rathaus, im Gespräch mit dem TAGBLATT.

Bis 2025 sollen dort etwa 100 Arbeitsplätze entstehen

Die Cellforce Group entwickelt und produziert nach eigenen Angaben zunächst Hochleistungs-Lithium-Ionen-Pouch-Zellen für automobile Spezialanwendungen. An dem Unternehmen ist die Porsche AG mit 72,7 Prozent beteiligt, die restlichen Anteile hält die in Tübingen angesiedelte Firma Customcells Holding. Bis 2025 soll die Belegschaft beim Batteriehersteller Cellforce von derzeit 23 Mitarbeitern auf etwa 100 Personen anwachsen.

Zum Artikel

Erstellt:
17.12.2021, 10:55 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 54sec
zuletzt aktualisiert: 17.12.2021, 10:55 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport
Newsletter Wirtschaft: Macher, Moneten, Mittelstand
Branchen, Business und Personen: Sie interessieren sich für Themen aus der regionalen Wirtschaft? Dann bestellen Sie unseren Newsletter Macher, Moneten, Mittelstand!