Benedikt XVI

Trauer um „deutschen Papst“: Benedikt XVI. ist tot

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. ist tot – und damit auch der erste und einzige Papst, der einmal in Tübingen gelehrt hat.

31.12.2022

Von ST/dpa

Ein Bild des emeritierten Papstes Benedikt XVI. steht im Rottenburger Dom St. Martin. Bild: Ulmer

Ein Bild des emeritierten Papstes Benedikt XVI. steht im Rottenburger Dom St. Martin. Bild: Ulmer

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. ist am Samstagmorgen im Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan gestorben. Der Gesundheitszustand des gebürtigen Bayern hatte sich zuletzt verschlechtert. Joseph Ratzinger war am 19. April 2005 als Nachfolger von Johannes Paul II. zum Papst gewählt worden. Benedikt war der erste deutsche Papst seit etwa 480 Jahren.

Der Rottenburger Bischof Gebhard Fürst würdigte den verstorbenen Benedikt als Mann, der die katholische Kirche nachhaltig geprägt habe. Zwei Sätze aus dem Vermächtnis von Benedikt XVI. sind für Fürst heute besonders bedenkenswert: „Am Anfang steht nicht die Lehre, sondern die Person Jesus von Nazareth.“ In einem Brief an die irische Kirche zum dortigen Missbrauchsskandal im Jahr 2010 habe er geschrieben: „Wir brauchen eine neue Vision, um zukünftige Generationen zu inspirieren, das Geschenk unseres gemeinsamen Glaubens zu schätzen.“

Etwas schüchtern („timido“), „mit unsichtbarer geistlicher Salbung“ erschien Joseph Ratzinger dem Kollegen Hans Küng Anfang der 60er Jahre. Hier das Foto, mit dem er als junger Professor in Tübingen vorgestellt wurde. Archivbild

Etwas schüchtern („timido“), „mit unsichtbarer geistlicher Salbung“ erschien Joseph Ratzinger dem Kollegen Hans Küng Anfang der 60er Jahre. Hier das Foto, mit dem er als junger Professor in Tübingen vorgestellt wurde. Archivbild

Tübinger Jahre an der Universität

Von 1966 bis 1969 war Benedikt XVI an der Tübinger Katholisch-Theologischen Fakultät Professor für Dogmatik und Dogmengeschichte. Er war damals ein Kollege von Prof. Hans Küng, dem 1979 die kirchliche Lehrbefugnis entzogen wurde. Ratzinger schrieb in seinem 1998 erschienenen Buch „Aus meinem Leben“ über Tübingen: „Der Süden lockte, aber auch die große Geschichte der Theologie an dieser schwäbischen Universität, in der außerdem interessante Begegnungen mit bedeutenden evangelischen Theologen zu erwarten waren. (...) Die Fakultät war hochrangig besetzt, aber konfliktfreudig, und auch das war ich nicht mehr gewöhnt“. Ratzinger zog mit seiner Schwester Maria in die Friedrich-Dannenmann-Straße 22. Von dort zum Theologikum hatte er es nicht weit, die Strecke legte er oft mit dem Rad zurück – angeblich die Baskenmütze auf dem Kopf.

Joseph Ratzinger file://172.16.11.180/OPI/Bilder/screen/640_0008_1536120_13077u22_90689.jpg(Zweiter von rechts) 2003 bei einer Buchpräsentation in Rom mit seinem Kardinalskollegen Walter Kasper (ganz links), dem Rottenburger Bischof Gebhard Fürst (rechts dahinter) und dem Tübinger Emeritus Prof. Max Seckler (ganz rechts). Archivbild: Manfred Grohe

Joseph Ratzinger file://172.16.11.180/OPI/Bilder/screen/640_0008_1536120_13077u22_90689.jpg(Zweiter von rechts) 2003 bei einer Buchpräsentation in Rom mit seinem Kardinalskollegen Walter Kasper (ganz links), dem Rottenburger Bischof Gebhard Fürst (rechts dahinter) und dem Tübinger Emeritus Prof. Max Seckler (ganz rechts). Archivbild: Manfred Grohe

1969 verließ Ratzinger Tübingen. Sein Verhältnis zur Neckarstadt war zerrüttet, auch sein Verhältnis zu seinem Kollegen Küng hatte in den drei Jahren gelitten. So soll er einem Doktoranden gesagt haben, mit einem Menschen wie Küng könnten er und seine Mitarbeiter nur geistig verwildern. Wie aus einer Biographie hervorgeht, kehrte er Tübingen damals auch deshalb enttäuscht den Rücken, weil er in dem von der 68er Studentenbewegung hoch verehrten Marxisten Ernst Bloch eine schlimme ideologische Verführungsmacht sah. Ratzinger zog seine Konsequenz und nahm den Ruf aus Regensburg an, wo der Kontext weniger aufregend, sein Bruder Georg Domkapellmeister am Dom und Chef der Regensburger Domspatzen war.

Arbeit als Papst

In seinem Pontifikat führte Benedikt den konservativen Kurs seines Vorgängers fort. Er stemmte sich gegen eine Modernisierung der Kirche, was ihm viel Kritik einbrachte. Die anfängliche Begeisterung der Deutschen schwand. Seine Amtszeit wurde vor allem von Missbrauchsskandalen überschattet, die die katholische Kirche in eine tiefe Krise stürzten. 2022 geriet auch sein eigener Umgang mit Missbrauchsfällen in der Zeit als Erzbischof von München und Freising in die Schlagzeilen. Ein vom Münchener Erzbistum in Auftrag gegebenes Missbrauchsgutachten warf ihm Fehlverhalten in vier Fällen vor. Benedikt war von 1977 bis 1982 Erzbischof von München und Freising gewesen.

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Erstellt:
31.12.2022, 13:16 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 29sec
zuletzt aktualisiert: 31.12.2022, 13:16 Uhr

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