Tübingen · Studium

Studentische Wohnungsnot: Nichts unter 400 Euro

Die Universität Tübingen kehrt zur Präsenzlehre zurück. Viele Studierende suchen jetzt eine Bleibe.

06.05.2022

Von Sophie Holzäpfel

Tübingen ist für Studierende ein teures Pflaster. Archivbild: Ulrich Metz

Tübingen ist für Studierende ein teures Pflaster. Archivbild: Ulrich Metz

Es ist sehr schwierig, in Tübingen ein Zimmer zu finden, wenn man kein großes Budget hat und nicht in einer WG mit super vielen Leuten leben will“: Die 25-jährige Psychologiestudentin Luisa pendelt seit Beginn ihres Studiums von ihrer Wohnung in einem Ammerbucher Teilort regelmäßig zur Tübinger Universität. Derzeit ist sie auf der Suche nach einem Zimmer in einer Wohngemeinschaft (WG) in der Stadt, um am studentischen Leben aktiver teilnehmen zu können. Die Suche gestaltet sich jedoch als zeitaufwändig und schwierig.

Eine ähnliche Erfahrung hat die Master-Studentin Sophia gemacht. Die 26-Jährige hat bereits in den unterschiedlichsten Städten Deutschlands gelebt, zuletzt in Berlin. „Es war in keiner Stadt so schlimm wie hier“, beschreibt sie die Suche nach einem Zimmer in Tübingen. Neben den völlig überteuerten Mietpreisen sei der Prozess der Zimmersuche auch unglaublich frustrierend, da fast niemand zurückschreiben würde, so Sophia. Nachdem sie über die Plattform „WG gesucht“ über 80 WGs angeschrieben und sechs Wochen lang täglich intensiv nach einem Zimmer gesucht hatte, wurde sie schließlich in Lustnau fündig. Dennoch bemängelt sie: „Ich habe noch nie so eine hohe Miete gezahlt!“.

Tübingen hat zu wenig Wohnraum. Leidtragende sind dabei auch die Studierenden. Nach zwei Jahren Online-Lehre kehrt die Universität in diesem Sommersemester nun wieder zur Präsenzlehre zurück. Viele Studierende suchen eine Bleibe. Für die derzeit 26 526 immatrikulierten Studierenden gibt es lediglich um die 3700 Wohnheimplätze.

Nach Angaben der stellvertretenden Leiterin der Hochschulkommunikation, Antje Karbe, haben sich dieses Semester rund 1170 Erst- und Neuzugänge an der Universität eingeschrieben.

Bezahlbare WG-Zimmer sucht man in der Stadt derzeit vergeblich, erzählen Henri und Stella, die beide seit 2017 in Tübingen studieren. Damals sei es noch möglich gewesen, ein WG-Zimmer für 350 bis 380 Euro Warmmiete zu finden, heute gäbe es nichts mehr unter 400 Euro, so die beiden 23-Jährigen.

Wer keinen Platz im Wohnheim oder kein Zimmer in einer WG findet, der pendelt. So auch die Linguistik-Studentin Julia, die nach sieben Semestern ihren Wohnheimplatz räumen musste und seither täglich mit dem Zug aus Nehren anreist.

Noch schwieriger als für die deutschen Studierenden gestaltet sich die Suche nach einem Zimmer jedoch für internationale Studierende. Aktuell sind 3781 an der Tübinger Universität eingeschrieben, die Zahl könne sich jedoch noch verändern, so Karbe.

Die beiden chinesischen Masterstudentinnen Kim und Zuô Yí standen über sechs Monate auf der Warteliste des Studentenwohnheims. Kurz vor Beginn des Sommersemesters hat es funktioniert, und sie konnten aus China anreisen. Über verschiedene Plattformen hatten sie sich im voraus auch für Einzel- und WG-Zimmer beworben.

Viele Vermieter in Tübingen wollen jedoch keine „Internationals“ als Mieter, erzählte Zuô Yí im TAGBLATT-Gespräch. Im Wohnheim bezahlen sie um die 260 Euro für 13 Quadratmeter, was in Tübingen sehr günstig sei, so die beiden Studentinnen. Die Rückkehr zur Präsenzlehre geht auch mit steigenden Zahlen internationaler Studierender einher. Einige haben, wie Zuô Yí und Kim Glück, andere werden trotz intensiver Suche nicht fündig und müssen sich vorerst mit einem Platz auf der Warteliste der Wohnheime begnügen.

Für freie WG-Zimmer hagelt es Anfragen, nur wenige Minuten nachdem die Anzeige ins Netz gestellt wird. Soziologie-Student Simon erinnert sich an das Aufgeben einer Anzeige bei „WG gesucht“: „20 Minuten nachdem wir die Anzeige für das freie Zimmer hochgeladen haben, hatten wir schon über 60 Anfragen.“ Dass sei stressig gewesen, weil man kaum die Zeit gehabt hätte, allen zu antworten, erzählte er. Der dringliche Appell Studierender lautet daher, bezahlbaren Wohnraum in Tübingen zu schaffen.

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Erstellt:
06.05.2022, 19:31 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 49sec
zuletzt aktualisiert: 06.05.2022, 19:31 Uhr

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