Kultusministerin Theresa Schopper: Streit um das Sternchen

Bildung und Sprache: Wie sieht die Kultusministerin das Gendersternchen?

Nach einer Äußerung von Kultusministerin Theresa Schopper ist die Aufregung groß: Hat sie sich für Gender-Sprache an den Schulen ausgesprochen? CDU, FDP und Lehrerverbände üben Kritik.

02.08.2021

Von THEO WESTERMANN

Die Frage von geschlechtersensibler Sprache an Schulen wird derzeit in Baden-Württemberg diskutiert. Foto: Symbol-Imago/Christian Ohde

Die Frage von geschlechtersensibler Sprache an Schulen wird derzeit in Baden-Württemberg diskutiert. Foto: Symbol-Imago/Christian Ohde

Stuttgart. Schüler und Lehrer sind in die Ferien entschwunden. Nicht so Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne), sie hält die Stellung in Stuttgart – und kann so vor Ort verfolgen, wie das in der Gesellschaft emotional diskutierte Gendersternchen plötzlich die Landespolitik umtreibt. Kurz vor den Sommerferien und als Steilvorlage im beginnenden Wahlkampf trat sie diese Debatte los – mit folgender Bemerkung: „Es ist gut, wenn Schülerinnen und Schüler in der Schule für geschlechtergerechte Sprache sensibilisiert werden, und das Thema Geschlechtergerechtigkeit ist ja auch im Bildungsplan verankert“, sagte sie vor einigen Tagen. Und weiter: „Gut ist es auch, wenn Lehrkräfte gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern eine Schreibweise bezüglich der Sonderformen beim Gendern vereinbaren.“

Die Kritik kam prompt – auch vom Koalitionspartner CDU. „Wir sollten keine Beliebigkeit in Wort und Schrift in unsere Schulen einziehen lassen. Wenn das Kultusministerium jetzt sagt, dass jede Schule oder gar jede Klasse das Gendersternchen handhabt, wie sie gerade möchte, entsteht ein Flickenteppich. Es gibt schließlich ein Regelwerk über die deutsche Sprache“, so CDU-Generalsekretärin Isabell Huber. „Anstatt das Trennende mit Sternchen oder Binnen-Is überzubetonen, spricht doch nichts dagegen, klassisch, schlicht und einfach beide Geschlechterformen zu nennen.“ Im Wortlaut ähnlich legte CDU-Fraktionschef Manuel Hagel später nach. Er sprach vom „falschen Weg“, ebenfalls mit dem Verweis auf „den Flickenteppich, der niemanden weiterbringt“.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke, selbst einst Gymnasiallehrer für Deutsch, positioniert sich unserer Zeitung gegenüber eindeutig: „Davon halte ich gar nichts. Die Energie, die die Kultusministerin hat, sollte sie darin investieren, dass die Schüler und Schülerinnen die Sprache von Goethe und Schiller erlernen – und nicht Gender-Sternchen und -Doppelpunkte“. Der AfD-Abgeordnete Rainer Balzer kritisiert: „Die gegenseitige Umsetzbarkeit des gesprochenen und geschriebenen Deutsch ist ein Kernpunkt der Rechtschreibnorm. Das ist mit dem Genderstern nicht vereinbar.“

An der Spitze des Kultusministerium kann man die Aufregung nicht nachvollziehen. Es gebe weder einen Erlass, eine Richtlinie oder sonst eine Vorgabe in dieser Sache, heißt es dort. Selbstverständlich gelte an den Schulen das Regelwerk für deutsche Rechtschreibung, definiert vom Rat für deutsche Rechtschreibung, so Ministeriumssprecher Benedikt Reinhard. „Diese Regeln gelten für die Schulen verbindlich.“ Bei seiner Sitzung im März 2021 beschloss der Rat, die verschiedenen Formen der Genderschreibweisen „zu diesem Zeitpunkt“ nicht ins Regelwerk zu übernehmen, betonte aber die Notwendigkeit einer geschlechtersensiblen Sprache.

Also sei die Lage „etwas diffus,“ folgert der Ministeriumssprecher. Angesichts einer gesellschaftlichen Debatte um dieses Thema finde es die Ministerin gut, Lösungen in den Klassen zu finden, wenn Schüler dies thematisierten. Vergleichbar beispielsweise mit schulinternen Lösungen bei der Handynutzung oder dem respektvollen Umgang miteinander.

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Erstellt:
02.08.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 21sec
zuletzt aktualisiert: 02.08.2021, 06:00 Uhr

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