Tübingen/Reutlingen

Streit um Vorzimmer-Job bei OB Palmer: Klage abgewiesen

Das Reutlinger Arbeitsgericht hat die Klage einer Mitarbeiterin der Stadt Tübingen am Donnerstagmittag abgewiesen.

26.01.2023

Von slo

Symbolbild: Ulrich Metz

Symbolbild: Ulrich Metz

Die Klage einer städtischen Mitarbeiterin gegen die Stadtverwaltung Tübingen hat die erste Kammer des Arbeitsgerichts Reutlingen am Donnerstag abgewiesen. Die Frau verlangte Schmerzensgeld und Schadensersatz, weil sie im Dezember 2021 die Sekretariatsstelle des Oberbürgermeisters nicht bekommen hatte.

Die Klägerin vermutet, sie sei abgelehnt worden, weil sie vor Jahren eine Liebesbeziehung mit Palmer gehabt habe (wir berichteten). Die Stadt bestreitet das und verwies vor Gericht auf das Auswahlverfahren, bei dem die Klägerin nicht als die am besten Qualifizierte abgeschnitten habe. Das sah auch Richterin Christine Ammer so: „Sie müssen nachweisen, dass Sie die am besten Qualifizierte waren, das haben Sie nicht getan.“ Die Klägerin sagte, sie habe zu wenig Einsicht in die Akten bekommen, lediglich eine Matrix mit den Bewertungen der Auswahlkommission habe sie bekommen und die teilweise geschwärzte Dokumentation für die Anhörung des Personalrats.

Die Bewertungen der Kommission stellte sie in Frage. Dort stünde beim Punkt „Loyalität / Verschwiegenheit“ ein „Nein“. Das könne nur bedeuten, dass sie nicht für loyal gehalten werde wegen der Beziehung zu Palmer. Die habe sie im Bewerbungsgespräch offenlegen müssen, weil Palmer dies nicht getan habe. Richterin Ammer sah das anders. „Da steht ein Nein. Aber da steht nicht, dass Sie wegen einer Beziehung nicht loyal seien. Das ist Ihre Interpretation.“ Zudem habe die Klägerin selbst gegenüber der Stadt angegeben, dass sie es nicht für sinnvoll halten, diese Stelle anzutreten.

Der städtische Anwalt Rüdiger Gaenslen wies mehrfach darauf hin, dass es ihn nicht interessiere, ob die Klägerin eine Liebesbeziehung zu Palmer gehabt habe. „Das spielt einfach keine Rolle“, sagte er. Die Klägerin sah das anders: Es sei relevant. Denn damit sei Palmer, der Mitglied der Auswahlkommission gewesen sei, befangen. Sie warf ihm unter anderem deshalb „Machtmissbrauch“ vor. „Man kann aus objektiver Bewertung nicht ableiten, dass die Beziehung der Grund für die Ablehnung war“, stellte die Richterin abschließend zu diesem Punkt fest.

Danach wurde eine Abmahnung thematisiert, die die Klägerin von der Stadt bekommen hatte. Sie hatte, nachdem die Stadt einen Vergleich beim Gütetermin im November abgelehnt hatte, Palmer an dessen private Mailadresse geschrieben, und angekündigt, private Nachrichten von ihm mit Details zu Zeitpunkt und Umständen der Beziehung vorzulegen, wenn er diese Beziehung nicht zugebe. Die Richterin sah darin – wie die Stadt auch – eine Drohung. Als sie zur Klägerin sagte, sie vermische ihr Privatleben mit dem Verfahren und die Nachrichten, die sie offenlegen wollte, könnten für Schlagzeilen geeignet sein, warf die Klägerin der Richterin Befangenheit vor. Einen Befangenheitsantrag stellte sie dann aber nicht.

Stattdessen kündigte sie an, möglicherweise strafrechtliche Schritte gegen die Abmahnung einzuleiten, denn diese sei eine „Verleumdung“. Zur Sprache kam auch, dass die Stadtverwaltung der Klägerin eine Abfindung von 20 000 Euro angeboten hatte, wenn sie kündigt. Die Klägerin fand das ein „unmoralisches Angebot“.

Nachdem sie auf Nachfrage erklärt hatte, sie wolle nach dem Ende ihrer Elternzeit in etwa einem Jahr weiterhin bei der Stadt arbeiten, schlug Ammer einen Vergleich vor. Die Klägerin solle ihre Forderung und die Stadt die Abmahnung zurückziehen. Dazu war Gaenslen nicht bereit. Daraufhin wies die Kammer die Forderungen der Klägerin ab. Diese kann Berufung beim Landesarbeitsgericht einlegen. slo

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Erstellt:
26.01.2023, 14:06 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 40sec
zuletzt aktualisiert: 26.01.2023, 14:06 Uhr

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