119. Deutsche Meisterschaft
Staunen über den „Fabel-Rekord“
Konstanze Klosterhalfen sorgt mit ihrem 5000-Meter-Solo im Olympiastadion für mächtig Furore. Weitsprung-Europameisterin Malaika Mihambo glänzt mit persönlicher Bestmarke: 7,16 Meter.
Konstanze Klosterhalfen hatte gerade das Olympiastadion mit ihrem einsamen Rekordlauf in Staunen versetzt, da sorgte sie erneut für Verblüffung. Boxen, verriet das zierliche Lauf-Leichtgewicht, sei mittlerweile zentraler Teil ihres Trainings. „So richtig mit Schlagen, das macht super Spaß! Meine Finger waren richtig blau danach“, erzählte die 22-Jährige. Den mächtigen Punch, den sie bei der Leichtathletik-DM in Berlin auf der Bahn präsentierte, erklärt dies aber nicht alleine.
Mit ihrem „Fabel-Rekord“ über 5000 Meter drang Klosterhalfen erneut in Bereiche vor, die einer deutschen Läuferin lange nicht zugetraut worden waren. In 14:26,76 Minuten lief sie nicht nur ihre Konkurrenz in Grund und Boden, sondern steigerte auch die 20 Jahre alte deutsche Bestmarke von Irina Mikitenko um 15 Sekunden. Klosterhalfen ist damit 13.-schnellste Läuferin der Geschichte, zweitschnellste gebürtige Europäerin.
„Das ist auch für mich unbeschreiblich“, sagte sie nach ihrem zweiten Rekord binnen fünf Wochen. Am 30. Juni hatte sie in Stanford in einem Klassefeld die von ihr selbst gehaltene deutsche 3000-Meter-Bestmarke um knapp zehn Sekunden unterboten. Am Samstag lief sie von Beginn an solo. Die üblicherweise ebenfalls extrem starke Laichingerin Alina Reh (SSV Ulm 1846) erwischte nicht ihren besten Tag („Bei mir lief es nicht. Es ging einfach gar nichts mehr“) und war mit 15:19,42 nicht glücklich. Seit Klosterhalfen beim nicht unumstrittenen „Oregon Projekt“ in den USA trainiert, schnellen ihre Bestwerte nach oben, was durchaus auch für ungläubiges Kopfschütteln sorgt.
Für Reh hat's zu Silber gereicht. Es gab jedoch gleich mehrere Titelgewinner aus dem Land: Im Weitsprung stand Europameisterin und Vorjahrsiegerin Malaika Mihambo, 25, von der Schwetzinger LG Kurpfalz nach zwei Fehlversuchen fast schon vor dem Fiasko, zeigte sich dann aber nervenstark und übernahm mit 6,76 Metern standesgemäß die Führung. Im sechsten und letzten Anlauf dann der Supersatz des Tages: 7,16 – eine Steigerung der persönlichen Bestleistung um neun Zentimeter.
Wenige Minuten später war am Sonntagabend auch das Speerwerfen der Männer entschieden: Andreas Hofmann (MTG Mannheim) holte sich den Titel im letzten Durchgang mit 87,07 Metern vor dem lange führenden Mainzer Julian Webger (86,60).
Über 110 Meter Hürden setzte sich ebenfalls Vorjahressieger Gregor Traber (LAV Tübingen) in 13,68 Sekunden klar gegen Martin Vogel (SC DHfK Leipzig) durch, der in 13,88 Zweiter wurde. Fabian Heinle (VfB Stuttgart) gewann den Weitsprung mit Saisonbestleistung (8,05) vor Julian Howard (7,88) von der LG Region Karlsruhe. Die größte Weite des Tages zeigte ein gebürtiger Göppinger in der parallel ausgetragenen Körperbehindertenklasse T 64: Prothesenspringer Markus Rehm (Leverkusen) gelang ein Satz auf 8,36 Meter. Einen Sindelfinger Doppelsieg durch Simon Bayer (20,26 Meter/persönliche Bestleistung) und Tobias Dahm (19,87) gab es im Kugelstoßen. Spektakulär: Bayers Freudensprung, ein Salto, wie ihn im Olympiastadion wohl sonst nur erfolgreiche Fußballtorjäger zeigen.
Der zweimalige Weltmeister David Storl kassierte nach acht DM-Titeln in Serie eine deutliche Niederlage, rettete im letzten Versuch aber zumindest noch Bronze. Danach deutete der Leipziger an, dass er die Saison womöglich vorzeitig abbricht. Das Ergebnis sei „total ernüchternd“, sagte er: „Es zeigt, dass man sich zusammensetzen und überlegen muss, was man jetzt macht.“ Storl verbesserte im Olympiastadion, wo er bei der WM zehn Jahre zuvor seinen ersten großen Wettkampf bestritten hatte, zwar seine Saisonbestleistung um drei Zentimeter auf 19,77 Meter, blieb damit aber erneut deutlich unter der vom DLV geforderten WM-Norm (20,70) für die Titelkämpfe in Doha/Katar (28. September bis 6. Oktober). Ihren siebten DM-Titel in Serie holte Hochspringerin Marie-Laurence Jungfleisch (VfB Stuttgart). Die 28-Jährige gewann mit 1,90 Metern, gemeistert allerdings erst im dritten Versuch, vor Imke Onnen (Hannover 96), die auf 1,87 kam.
Über 100 Meter hat Tatjana Pinto unterdessen Gina Lückenkemper den Titel weggeschnappt. Die 27-Jährige aus Paderborn siegte in 11,09 Sekunden und gewann später auch die 200 Meter (22,65/persönliche Bestzeit). 100-Meter-Titelverteidigerin und Lokalmatadorin Lückenkemper kam in 11,20 ins Ziel. Malaika Mihambo wurde Dritte in 11,21 und sicherte sich damit den erhofften Startplatz für die WM auch im Sprint.
Bei den Männern gewann Michael Pohl in 10,27 Sekunden vor seinem Klubkollegen Kevin Kranz (beide Sprintteam Wetzlar), der zwei Hundertstelsekunden langsamer war. Der deutsche Rekordhalter Julian Reus aus Erfurt wurde nur Dritter in 10,30.