Fußball

Sommermärchen-Machern wird der Prozess gemacht

Schweizer Staatsanwälte klagen die ehemalige DFB-Führung um Theo Zwanziger an. Um kein Risiko einzugehen, wird Franz Beckenbauer gesondert behandelt.

07.08.2019

Von dpa

Damals gefeiert, nun angeklagt: Die „Sommermärchen“-Organisatoren (von links) Horst Schmidt, Theo Zwanziger, Franz Beckenbauer und Wolfgang Niersbach. Das Verfahren gegen Beckenbauer wurde wegen dessen Gesundheitszustands abgetrennt. Foto: DB Kunz/dpa

Damals gefeiert, nun angeklagt: Die „Sommermärchen“-Organisatoren (von links) Horst Schmidt, Theo Zwanziger, Franz Beckenbauer und Wolfgang Niersbach. Das Verfahren gegen Beckenbauer wurde wegen dessen Gesundheitszustands abgetrennt. Foto: DB Kunz/dpa

In der Sommermärchen-Affäre wird es für die ehemaligen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger juristisch ernst. Über die weiterhin dubiosen Millionenzahlungen in Richtung Schweiz und Katar wird nach jahrelangen Ermittlungen vor Gericht nahe des Lago Maggiore verhandelt werden. Franz Beckenbauer als der große Architekt der Fußball-WM 2006 muss wegen seines schlechten Gesundheitszustands hingegen vorerst noch keine strafrechtlichen Konsequenzen fürchten.

Das Verfahren gegen Beckenbauer war bereits zuletzt abgetrennt worden. Erstmals nannten die Ermittler dafür nun den Gesundheitszustand des Kaisers als Grund. Der Zustand des damaligen Chefs des WM-Organisationskomitees, der maßgeblich an den finanziellen Transaktionen beteiligt war, lasse „nach derzeitiger Prognose eine Teilnahme oder Einvernahme an der Hauptverhandlung“ vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona nicht zu. Hätte Beckenbauer bei der noch nicht terminierten Verhandlung im Süd-Osten der Schweiz tatsächlich nicht erscheinen können, wäre die gesamte juristische Aufarbeitung auch gegen die anderen Beschuldigten in Gefahr geraten. Denn: Liegt bis April 2020 kein erstinstanzliches Urteil vor, ist die Angelegenheit verjährt.

Bis zu fünf Jahre Haft möglich

Theo Zwanziger und Horst Schmidt sowie Urs Linsi wird „Betrug in Mittäterschaft“ vorgeworfen. Niersbach wird die „Gehilfenschaft zu Betrug“ angelastet. Artikel 146 des Schweizer Strafgesetzbuches sieht für dieses Vergehen Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren oder Geldstrafen vor. Die ebenfalls untersuchten Tatbestände der ungetreuen Geschäftsbesorgung und der Veruntreuung seien nicht eigenständig angeklagt worden, weil dies vom Tatbestand des Betrugs bereits vollumfänglich erfasst sei, teilte die BA mit. Eingestellt wurde im Juli laut Bundesanwaltschaft das Verfahren wegen des „Verdachts auf Geldwäscherei“.

Der Fußball-Weltverband wollte sich am Dienstag nicht detailliert zur Anklage äußern. „Die Fifa hat die Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft zur Kenntnis genommen. Generell bekräftigt die Fifa ihre uneingeschränkte Verpflichtung, mit den Behörden auf jede Art und Weise zusammenzuarbeiten, die sie als hilfreich oder angemessen erachten“, hieß es auf Anfrage.

Eine der zentralen Fragen des Sommermärchenskandals – zu welchem Zweck der Katarer das Geld erhielt – konnten die Ermittler auch knapp vier Jahre nach Eröffnung des Verfahrens im November 2015 nicht klären. Auch weil ein Rechtshilfeersuchen durch die Behörden im Staat der WM 2022 nicht beantwortet worden sei, führten die Schweizer Ermittler als Grund an. Beckenbauer hatte bislang für die Verwendung des Geldes in Katar keine öffentliche Erklärung abgegeben.

Dubiose Buchungen

Bis heute halten sich unbewiesene Gerüchte, das Geld sei entweder zur Bestechung von asiatischen Fifa-Wahlmännern für den WM-Zuschlag an Deutschland im Juli 2000 oder zur Finanzierung des Wahlkampfs des damaligen Fifa-Chefs Joseph Blatter im Jahr 2002 genutzt worden. Dies wird von allen Beteiligten bestritten. Die Rückzahlung der Summe drei Jahre später jedenfalls wurde von einem DFB-Konto über die Fifa abgewickelt.

Ein LED-Teppich für eine nie umgesetzte WM-Kulturveranstaltung hätte mit dem Geld finanziert werden sollen, hieß es vom WM-OK. Beckenbauer war dessen Chef, Schmidt geschäftsführender Vizepräsident, Zwanziger Vizepräsident für Finanzen und Niersbach Vize-Chef im OK und zuständig für Medienarbeit.

DFB zur Privatklage verpflichtet

Reaktion Der DFB tritt im Strafverfahren gegen seine Ex-Funktionäre als Privatkläger auf. Damit könne der Verband etwaige Ansprüche geltend machen und würde zugleich seiner gesetzlichen Vermögensbetreuungspflicht genügen, teilte der DFB am Dienstag mit. Sollte der Verband durch ein schuldhaftes Verhalten der Beschuldigten Vermögensschäden erlitten haben, so ist er rechtlich verpflichtet, mögliche Ersatzansprüche zu prüfen und durchzusetzen, hieß es.

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Erstellt:
07.08.2019, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 42sec
zuletzt aktualisiert: 07.08.2019, 06:00 Uhr

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