Tübingen · Bürgergeld
Rosemann: Arbeit lohnt sich immer
Der Tübinger Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion für Arbeit und Soziales widerspricht anderen Äußerungen.
Der Tübinger SPD-Bundestagsabgeordnete und Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion für Arbeit und Soziales Martin Rosemann erklärt zur aktuellen Debatte darüber, ob Arbeit sich für ukrainische Geflüchtete und Bürgergeldempfänger lohnt: „Immer wieder wird behauptet, dass sich Arbeit für ukrainische Geflüchtete und Bürgergeldempfänger – gerade in Hinblick auf die geplanten Bürgergelderhöhungen im kommenden Jahr – nicht lohne. Das ist falsch, Arbeit lohnt sich – immer!“
Rosemann findet, die Zahl der in den Arbeitsmarkt integrierten Ukrainer sei insgesamt gar nicht schlecht. „Bundesweit sind nach einem Jahr Aufenthalt in Deutschland 28 Prozent aller hierher geflüchteten Ukrainer beschäftigt.“ In Tübingen liege die Zahl bei lediglich 10 Prozent. Das könne nicht auf bundesweit einheitliche Regelungen zurückgeführt werden. Die noch bestehende Erwerbslücke bei dieser Geflüchtetengruppe lasse sich vor allem auf andere Faktoren zurückführen: beispielsweise mangelnde Kinderbetreuung oder fehlende Sprachkenntnisse. Dennoch beziehen laut Rosemann aktuell nur 45 Prozent der nach Baden-Württemberg geflohenen Ukrainer Bürgergeld, das beziehe Kinder mit ein.
Doch auch in Hinblick auf die anstehende Erhöhung des Bürgergeldes 2024 bleibe es dabei, dass man mit Arbeit immer mehr bekommt, so Rosemann. Das zeige auch die neueste Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI), die diese höheren Bürgergeldsätze zugrunde legt: Wer dann als kinderloser Single Vollzeit zum Mindestlohn arbeitet, hat im Monat im Durchschnitt 532 Euro mehr Einkommen. Alleinerziehende mit einem Kind können laut WSI 2024 sogar 764 Euro mehr erwarten. Bei einer vierköpfigen Familie mit zwei Kindern unter sechs Jahren reicht es schon, wenn einer der beiden Eltern Vollzeit zum Mindestlohn arbeitet, um 634 Euro mehr im Monat zu haben. Und selbst wenn man die maximal hohen aktuellen Mieten bei Neuvermietungen in Tübingen zugrunde lege, sei der Mehrwert reduziert, aber immer noch deutlich positiv. So liege die Differenz, bezogen auf den kinderlosen Single, der in Vollzeit zum Mindestlohn arbeitet, beispielsweise immer noch bei 370 Euro – bezogen auf den aktuellen Tübinger Mietspiegel von etwa 690 Euro Kaltmiete für eine durchschnittliche 39 Quadratmeter Wohnung, die der durchschnittlichen Wohnungsgröße für einen Tübinger Singlehaushalt im Bürgergeldbezug entspricht.
Rechnungen, die den Unterschied zwischen Erwerbslosigkeit und Erwerbstätigkeit kleinreden, lassen nach Angaben des SPD-Sozialexperten wichtige Faktoren aus. So wird oft ignoriert, dass Erwerbstätige einen Anspruch auf Wohngeld und für ihre Kinder einen Anspruch auf Kindergeld (seit 2023 pro Kind 250 Euro) sowie auf Kinderzuschlag (seit 2023 pro Kind 250 Euro) haben. Das sei keine Sozialhilfe, sondern es seien Leistungen, die jedem Beschäftigten und jeder Familie in Deutschland bei entsprechendem Einkommen zustehen.
Auch werde unter den Tisch gekehrt, dass viele Menschen, die Bürgergeld beziehen, nicht arbeitslos sind, sondern einen Job haben. Auch im Bürgergeld-Bezug gibt es nämlich Erwerbsanreize, die sich durch die seit Juli 2023 geltenden Freibeträge noch erhöht haben und beim Bürgergeld gebe es Leistungskürzungen wegen fehlender Mitwirkung. „Das Prinzip Fördern und Fordern bleibt gewahrt.“