Reutlingen
Jugendgemeinderat bringt Spender für Hygieneartikel in die Schulen
Rektorin Lukic in Orschel-Hagen sagt dazu, es sei eine „längst überfällige Idee“.
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80 Tampons und 50 Binden passen in die Spender.Bild: Maik Wilke
„Wenn junge Frauen von ihrer Regel überrascht werden, ist keine Zeit, um zum Sekretariat zu gehen. Dann eilt es.“ Für Jadranka Lukic ist klar: Tampons und Binden gehören in eine Mädchentoilette – nicht hinter die Theke eines Sekretariats. Die Rektorin ist folglich glücklich darüber, dass in einer der Mädchentoiletten der Gutenbergschule in Orschel-Hagen ein besonderer Hygieneartikelspender an der Wand hängt: ein Spender mit Tampons und Binden. „Es ist eine tolle Idee und längst überfällig“, sagt Lukic. Der Hygieneartikelspender wurde im Oktober angebracht. Die Ganztagsschule besuchen Schülerinnen und Schüler von der ersten bis zur neunten Klasse. Also auch junge Frauen, die zum ersten Mal ihre Menstruation erleben. „Bei der ersten Periode trauen sich viele Mädchen nicht, beim Sekretariat nachzufragen“, betont Leonie Reimer, Klassensprecherin der 7. Klasse. Was selbstverständlich sein sollte, ist es nicht: Nur durch das Engagement des Jugendgemeinderats erhalten junge Frauen in 14 Reutlinger Schulen kostenlose Hygieneartikel. „Jede Schule in der Stadt sollte einen solchen Spender haben. Das ist unser klares Ziel“, sagte Bruno Mille beim Pressetermin in der Gutenbergschule. Doch bisherige Anträge wurden vom Gemeinderat abgelehnt: Die Stadt habe kein Geld für Tampons und Binden. Für den Jugendgemeinderat (JGR) und dessen Arbeitskreis „Hygieneartikel“ ist das unverständlich. Zwar wisse man um die schwierige Finanzlage, doch manche Aussagen der Verwaltung könne man so nicht hinnehmen. Mille berichtet: Es hieß einmal, die Schülermitverantwortung (SMV) könne die Hygieneartikel mit den Einnahmen aus dem Kuchenverkauf bezahlen. „Aber Toilettenpapier bezahlen wir auch nicht mit Geld vom Kuchenverkauf. Tampons und Binden sind kein Luxus“, betont er. Die Stadt müsse langfristig für den Unterhalt der Hygieneartikelspender aufkommen, das fordern die jungen Frauen und Männer. „Wir sind in Vorarbeit und Vorleistung gegangen, können das aber nicht dauerhaft finanzieren“, sagt Matthias Knecht, ehemaliger Vorsitzender im JGR. Jetzt sei die Stadt gefordert. Zumal es nur noch um die Unterhaltskosten geht. 179 Euro kostet ein Spender. Die 14 Exemplare haben Sponsoren bezahlt: Handwerkskammer, Kreissparkasse, Innoport und GWG. 3000 Euro kamen zusammen, die Volksbank hat vor Kurzem nochmals 3000 Euro nachgeschoben. Mit diesem Geld sind die blauen, roten und grünen Metallkästen bezahlt, ebenso ein Vorrat an Hygieneartikeln. „Sollte Geld übrig bleiben, möchten wir auch Jugendhäuser ausstatten“, sagt Jaron Immer, Vorsitzender des Jugendgemeinderats. Während die Sponsoren das Engagement und die Idee der kostenlosen Hygieneartikel für junge Frauen sofort unterstützten, sind manche Schulen zögerlich. Von den 14 bestellten Metallkästen sind noch nicht alle in Reutlingen angebracht. Die größte Sorge: Vandalismus. „Auch wir hatten am Anfang Bedenken, ob mit Binden absichtlich Toiletten verstopft werden“, sagt Gutenbergschulrektorin Lukic. Doch das habe sich nicht bestätigt, die Schülerinnen gingen sorgsam damit um. Man müsse ihnen aber auch bewusst machen, dass die Binden und Tampons nicht für zu Hause gedacht sind, sondern für den Notfall in der Schule. „Das ist ein Lernprozess“, sagt Lukic. Jaron Immer deutet das Abwarten einiger Rektorinnen und Rektoren so: „Die Notwendigkeit wird noch immer nicht überall gesehen. Dabei gehören diese Hygieneartikel zur Daseinsvorsorge.“