Polizei

Razzia gegen Reichsbürger: Wohnung in Rottenburg durchsucht

Im Rahmen einer bundesweiten Razzia hat die Polizei am Donnerstagfrüh auch die Wohnung einer 54-jährigen Frau in einem Rottenburger Ortsteil durchsucht.

23.11.2023

Von ing/dpa

Symbolbild: Sven Grundmann - Fotolia.com

Symbolbild: Sven Grundmann - Fotolia.com

Die Polizei kam um Punkt 6 Uhr. Bei einer zeitgleich durchgeführten Razzia in acht Bundesländern wurden am Donnerstag in den frühen Morgenstunden 20 Wohnungen, davon 10 in Baden-Württemberg, durchsucht. Grund waren Ermittlungen gegen sogenannte Reichsbürger. Ziel der Ermittler, darunter Kräfte eines Spezialeinsatzkommandos (SEK), war auch die Wohnung einer 54 Jahre alten Frau in einem Stadtteil Rottenburgs.

Wie die federführende Generalstaatsanwaltschaft München und das Polizeipräsidium Oberbayern Nord mitteilten, ging es dabei um die Ermittlungen gegen ein Telegram-Netzwerk von sogenannten Reichsbürgern und Verschwörungstheoretikern. Den Beschuldigten wird unter anderem der Versuch vorgeworfen, seit 2021 durch die massenhafte Kontaktaufnahme mit Behörden durch Telefon und E-Mails deren Kommunikationswege zu blockieren und damit rechtswidrig Einfluss auf deren Entscheidungen zu nehmen. Dafür hätten sie sich in mehreren Kanälen des Messengerdienstes Telegram verabredet, die von den Behörden schon seit Anfang 2021 beobachtet werden, so Bayerns Innenminister Joachim Herrmann.

Gegen den mutmaßlichen Rädelsführer der „Reichsbürger“-Gruppe, einen 58-jährigen Mann aus Oberbayern, läuft seit 2022 ein Verfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, Volksverhetzung und Nötigung. Hauptsächlich über soziale Medien habe die Gruppe „im großen Stil bundesweit stattliche Einrichtungen beleidigt und teilweise massiv bedroht“, so Innenminister Herrmann. Übergeordnetes Ziel sei die Destabilisierung der Bundesrepublik und ihrer Einrichtungen gewesen, um rechtmäßiges staatliches Handeln zu verhindern oder zu erschweren.

Der Generalstaatsanwaltschaft München zufolge wurden bei den Durchsuchungen am Donnerstag Beweismittel in Form von Computern, Laptops, Smartphones und externen Datenträgern sichergestellt. Auch eine Schreckschusswaffe und Reizstoffgeräte fand die Polizei.

Staatliche Einrichtungen beleidigt und teilweise massiv bedroht

Bei einer Razzia gegen mutmaßliche „Reichsbürger“ sind am Donnerstag in Baden-Württemberg neun Wohnungen durchsucht worden. Nach Angaben der federführenden Generalstaatsanwaltschaft München gab es in den Landkreisen Rastatt, Sigmaringen, Karlsruhe, Biberach, Ravensburg, Tuttlingen, Tübingen und im Zollernalbkreis sowie Bodenseekreis zu Polizeiaktionen. Zudem wurde eine Haftzelle in der Justizvollzugsanstalt Hechingen durchsucht. Es gebe neun Beschuldigte im Südwesten.

Zunächst hatte es aus Sicherheitskreisen geheißen, dass es auch im Bereich der Polizeidirektion Aalen zu einer Durchsuchung gekommen sei. Das war aber nicht der Fall. Der baden-württembergischen Innenminister Thomas Strobl sagte, mit den Durchsuchungen zeige man ganz klar und unmissverständlich: „Wir lassen nicht nach im Kampf gegen Extremismus. Wir schauen ganz genau hin. Wir geben hier keinen Millimeter nach.“

Übergeordnetes Ziel der Beschuldigten sei gewesen, die Bundesrepublik Deutschland und ihre Einrichtungen zu destabilisieren und rechtmäßiges staatliches Handeln zu verhindern oder zumindest zu erschweren. „Die Gesprächspartner wurden beispielsweise mit Reichsbürgerthesen konfrontiert, der Begehung von Menschenrechts- und Kriegsverbrechen bezichtigt, beleidigt und teilweise mit dem Tode bedroht.“

Der mutmaßliche Rädelsführer der „Reichsbürger“-Gruppe kommt aus Oberbayern, aus Olching im Landkreis Fürstenfeldbruck. Der 58-Jährige wurde laut Generalstaatsanwaltschaft München bereits im November 2021 festgenommen. Im April 2022 wurde der Mann unter anderem wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, Volksverhetzung und Nötigung vor dem Landgericht München I angeklagt. Das Verfahren ist nach Angaben der Ermittler noch nicht abgeschlossen. Der Mann soll den maßgeblichen Telegram-Kanal der Gruppierung betrieben haben.

„Reichsbürger“ sind Menschen, die die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen. Der Verfassungsschutz rechnete der Szene der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ 2022 deutschlandweit etwa 23.000 Menschen zu, 2000 mehr als im Vorjahr. In Baden-Württemberg umfasste die Szene im vergangenen Jahr den Angaben zufolge 3800 Menschen.

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Erstellt:
23.11.2023, 12:51 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 40sec
zuletzt aktualisiert: 23.11.2023, 12:51 Uhr

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