Spielwaren

Papas als Marketinghelfer

Erwachsene werden seit Jahren immer wichtiger für die Branche. Damit wächst das Lizenzgeschäft, wie das Beispiel Playmobil zeigt.

03.04.2021

Von WILFRIED URBE

Hersteller wie Playmobil modifizieren Produkte aus der Kindheit von Erwachsenen. Foto: Waldemar Bachmeier/Brandstätter-Gruppe

Hersteller wie Playmobil modifizieren Produkte aus der Kindheit von Erwachsenen. Foto: Waldemar Bachmeier/Brandstätter-Gruppe

Waldachtal. Da kann man sich nur verwundert die Augen reiben: Im Februar war nach Angaben der Marktforscher der NPD Group der Volkwagen „T1 Bulli“ von Playmobil in Deutschland das meistverkaufte Spielzeug. Ein Auto, das von 1950 bis 1967 produziert worden ist. Es sind eben nicht nur Kinder, die von dem Modell des legendären Campingbusses fasziniert sind. „Kultklassiker für Erwachsene sind bei uns eine wichtige Säule im Angebot“, sagt Unternehmenssprecher Björn Seeger. Denn die siebeneinhalb Zentimeter großen Figuren und auch viele Fahrzeuge seien für viele Menschen langfristige Wegbegleiter. Gerade die älteren Fans würden zudem die „positiven Spielerfahrungen“ in ihren Familien an den Nachwuchs weitervermitteln.

Auch der DeLorean aus dem Kinoklassiker „Zurück in die Zukunft“ – das Fahrzeug, mit dem Zeitreisen möglich sind – war im vergangenen Jahr eines der erfolgreichsten Produkte des Herstellers aus Franken. Für Fans und Sammler bietet der Playmobilhersteller, die Brandstätter-Gruppe aus dem fränkischen Zirndorf, von Juli 2021 an eine limitierte Auflage von T1-Campingbus und VW-Käfer (Modelljahr 1960).

Experte Marc Fleer ist bereits seit 25 Jahren im Spielwaren- und Lizenzgeschäft tätig und sieht darin einen weiteren Beleg für eine Art Retro-Trend in Verbindung mit bekannten Medienmarken – vor allem Spielzeuge mit Technologie-Bezug boomen. Dabei sind es oft Erwachsene, die sich für diese Angebote interessieren.

Bei Fischertechnik zum Beispiel gibt es sogar komplette Produktreihen, die sich ausschließlich an eine ältere Kundschaft richten, etwa Fabriksimulationsanlagen, die in Unternehmen beispielsweise beim Aufbau von smarten Produktionsbetrieben und an Hochschulen für Aus- und Weiterbildung weltweit zum Einsatz kommen. Auch die „Robotics“-Linie ist für viele Altersgruppen interessant.

„Kidults“ als Zielgruppe

Ein Zusammenschluss von Fischertechnik-Fans, die „FTCommunity“ von Erwachsenen für Erwachsene, beschäftigt sich ebenfalls mit den Produkten des Unternehmens aus Waldachtal (Nordschwarzwald). Wenn nicht gerade Corona grassiert, kommen dort alljährlich bis zu 2000 Fans auf Einladung des Herstellers zu Besuch, um sich über die neuesten Trends zu informieren und sich auszutauschen.

Auch wenn die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen noch am wichtigsten für Fischertechnik ist, verzeichnen die Segmente, die sich auf Aus- und Weiterbildung sowie Schulen fokussieren, das größte Wachstum. Darauf weist Geschäftsführer Wilhelm Schoch hin. Er betont: „Fischertechnik hat einen ganzen Berufszweig mitgeprägt, viele Ingenieure sind damit groß geworden.“

Von den Großeltern bis zu den Enkeln sei die Marke verankert und werde über die Generationen weitergegeben. So hat Fischertechnik nach vielen Anfragen in diesem Jahr einen Retrobaukasten für „Liebhaber und Nostalgiker“ auf den Markt gebracht: mit den grauen Bausteinen.

Laut Ernst Kick, Vorstandsvorsitzender der Nürnberger Spielwarenmesse, hat das Thema Spielzeug für Erwachsene in jüngster Zeit an Fahrt aufgenommen. Das Trend-Committee der Spielwarenmesse habe entsprechend den Trend „Toys 4 Kidults“ identifiziert, der die Begriffe Kid und Adult vereint: „Die Wortschöpfung beschreibt Erwachsene, die sich für Dinge begeistern, die eigentlich eher Kindern zugeordnet werden.“

Zum einen, so Kick, weckten bestimmte Marken positive Kindheitserinnerungen, die sich Erwachsene bewahren möchten. „Kidults“ zeichneten sich auch dadurch aus, hochwertiges und damit höherpreisiges Spielzeug zu kaufen. Damit sind sie für die Anbieter eine hochattraktive Käufergruppe.

Infolge der Pandemie bommt der gesamte Spielwarenmarkt. So sei der Umsatz an Gesellschaftsspielen im vergangenen Jahr um 21 Prozent auf mehr als 700 Millionen Euro gestiegen, der Umsatz mit Erwachsenenspielen legte um 30 Prozent zu. Hierzulande beträgt der Spielwaren-Gesamtumsatz 3,7 Milliarden Euro. „Davon entfallen 23 Prozent auf lizensierte Spielwaren, das ist ein Rekord“, sagt Verbandsgeschäftsführer Ulrich Brobeil.

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Erstellt:
03.04.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 46sec
zuletzt aktualisiert: 03.04.2021, 06:00 Uhr

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