Medizin
Ohne Einser-Abi zum Arztberuf
Interessierte können sich ab sofort auf einen Studienplatz als Landarzt bewerben. Berufliche Vorerfahrung und Motivation spielen bei der Auswahl eine wichtige Rolle.
Ulm. Einen Studienplatz für Medizin zu bekommen, ist für Menschen ohne Einser-Abitur schwierig. Zugleich sucht man auf dem Land händeringend nach Hausärzten. Deswegen hat der Landtag mit einem Gesetz die Grundlage für eine sogenannte Landarztquote geschaffen. Von Montag an können sich Interessierte zum ersten Mal auf einen Studienplatz als Landarzt oder Landärztin bewerben. Wie funktioniert das Auswahlverfahren? Welche Voraussetzungen müssen die Bewerber erfüllen? Und welche Strafe droht, falls das Leben als Hausarzt doch nicht infrage kommt? Ein Überblick:
Wie funktioniert die Landarztquote in Baden-Württemberg? Über die Landarztquote werden in Baden-Württemberg künftig 75 Medizin-Studienplätze pro Jahr an Bewerberinnen und Bewerber vergeben, die sich verpflichten, nach Studium und Facharztausbildung mindestens zehn Jahre lang als Hausärztinnen oder Hausärzte auf dem Land zu arbeiten.
Nach welchen Kriterien werden die Studienplätze vergeben? Anders als beim klassischen Bewerbungsverfahren auf einen Medizin-Studienplatz, bei dem vor allem die Abiturnote und das Ergebnis eines Studieneignungstests (auch „Medizinertest“ genannt), ausschlaggebend sind, spielen bei der Landarztquote neben diesen klassischen Kriterien weitere eine Rolle. Laut Sozialministerium werden in einer ersten Stufe Berufsausbildung oder Berufstätigkeit in einem Gesundheitsberuf, wie zum Beispiel in der Alten- und Krankenpflege oder im Rettungsdienst, berücksichtigt. Auch ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) oder ein Bundesfreiwilligendienst (BFD) werden berücksichtigt. In der zweiten Stufe werden Auswahlgespräche geführt, in denen Motivation, persönliche Eignung und Kernkompetenzen geprüft werden.
Wie funktioniert die Bewerbung? Zuständig für die Umsetzung der Landarztquote ist das Regierungspräsidium Stuttgart. Die Bewerbung läuft komplett online. Das Portal wird am Montag, 26. April 2021, freigeschaltet. Die Bewerbungsfrist endet am 7. Mai.
Wie geht es nach dem Medizinstudium weiter? Wer über die Landarztquote einen Medizin-Studienplatz bekommt, verpflichtet sich laut Gesetz dazu, direkt nach dem Abschluss des Studiums, eine Weiterbildung zum Facharzt oder zur Fachärztin für Allgemeinmedizin, Kinder- und Jugendmedizin oder Innere Medizin anzutreten. Außerdem ist es Pflicht, nach dem Ende der Weiterbildung mindestens zehn Jahre als Hausarzt in einem sogenannten „Bedarfsgebiet“ zu arbeiten. In welchen Gebieten die Ärztinnen und Ärzte eingesetzt werden, entscheidet das Regierungspräsidium.
Und was ist, wenn ich nach dem Studium doch nicht Hausarzt oder Hausärztin werden will? Dann kann es schnell teuer werden. Das Gesetz zur Landarztquote sieht für den Fall, dass ein Arzt, der über die Landarztquote seinen Studienplatz bekommen hat, und nach dem Studium nicht zehn Jahre lang als Hausarzt arbeiten will, eine Vertragsstrafe in Höhe von bis zu 250?000 Euro vor.
Das Gesetz nennt aber auch Ausnahmeregeln. Sollten „besondere soziale, gesundheitliche oder familiäre Gründe“ vorliegen, kann das Regierungspräsidium die Pflicht, als Hausarzt zu arbeiten, aufheben oder zumindest zeitlich verschieben. Wie das Gesetz und die Ausnahmeregeln aber konkret ausgelegt werden, dürfte sich frühestens in zehn Jahren zeigen, wenn die ersten Bewerber für das Quoten-Studium mit ihrer Facharztausbildung fertig sind.