Fußball

Möglicherweise ein Tiefstapler

Eine etwaige Identitätstäuschung des HSV-Profis Bakery Jatta könnte ausländerrechtlich glimpflich ausgehen. Die Nutzung eines gefälschten Passes wäre allerdings strafbar.

14.08.2019

Von CHRISTIAN RATH

Bakery Jatta vom Hamburger SV steht unter Verdacht, als Flüchtling seine Identität gefälscht zu haben. Foto: dpa

Bakery Jatta vom Hamburger SV steht unter Verdacht, als Flüchtling seine Identität gefälscht zu haben. Foto: dpa

Die Debatte um die möglicherweise gefälschte Identität von Bakery Jatta, Profi beim Fußball-Zweitligisten Hamburger SV, hält an. Wir geben Antworten auf die zentralen Fragen.

Gilt die Unschuldsvermutung?

Die Unschuldsvermutung gilt nur im Strafrecht, nicht aber im Ausländerrecht. Doch auch dort ist ein rechtsstaatliches Verfahren vorgesehen, das nicht allein auf Gerüchten und Medienberichten basieren wird.

Welche Auswirkungen hätte eine Täuschung auf Jattas Aufenthaltsrecht?

Jatta kam als minderjähriger Flüchtling nach Deutschland und hat zunächst keinen Asylantrag gestellt. Dies ist nicht unüblich, weil unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in der Regel nicht abgeschoben werden. Als Jatta (nach seinen Angaben) 18 wurde, schloss der HSV mit ihm einen Arbeitsvertrag. Auf dieser Grundlage erhielt Jatta auch eine dreijährige Aufenthaltserlaubnis, die jüngst verlängert wurde. Diese Aufenthaltserlaubnis kann zurückgenommen werden.

Welche Vorteile hätte Jatta eine Täuschung gebracht?

Im Asylverfahren hätte ihm die Täuschung über die Identität wohl nichts gebracht. Antragsteller aus Gambia haben minimale Asyl-Anerkennungsquoten, vor allem seit 2017 der neue demokratisch gewählte Präsident Adama Barrow sein Amt antrat. Eine etwaige Identitätstäuschung dürfte wohl der Vertuschung einer Altersmanipulation gedient haben. Die Angabe eines niedrigeren Alters kommt bei jungen Flüchtlingen häufig vor, weil unbegleitete minderjährige Flüchtlinge bis zur Volljährigkeit in der Regel eine viel bessere Betreuung erhalten als Erwachsene.

Muss Jatta im Falle einer Täuschung mit einer Abschiebung rechnen?

Falls Jatta sein Aufenthaltsrecht in Deutschland verliert, müsste er das Land verlassen. Denkbar wäre allerdings auch, dass Jatta dann eine neue Aufenthaltserlaubnis mit korrekter Identität bekommt. Falls der HSV weiter an seinem Spieler interessiert ist, würde der Vertrag ja fortbestehen. Jatta hätte also ein (mehr als) ausreichendes Einkommen, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Bei Profi-Sportlern liegt meist auch ein öffentliches Interesse vor.

Könnte der HSV den Vertrag mit Jatta auflösen?

Wenn ein Vertragspartner bei einem Arbeitsvertrag über seine Identität täuscht, ist dies keine bloße Formalie. Zumindest der damit verbundene Vertrauensbruch wiegt schwer. Der HSV könnte den Vertrag deshalb wegen arglistiger Täuschung anfechten. Er muss dies aber nicht tun. Schließlich war er mit Jatta als Spieler bisher auf und neben dem Platz durchaus zufrieden.

Was droht Jatta im Fall einer Täuschung strafrechtlich?

Ein Betrug liegt wohl nicht vor. Jatta hat den Vertrag mit dem HSV nicht deshalb erhalten, weil er über seine Identität getäuscht hat. Im Gegenteil, Jatta hat sogar seine bisherigen Erfahrungen als Jugendnationalspieler Gambias verschwiegen. Er wäre im Fall einer Täuschung also kein Hochstapler, sondern ein Tiefstapler gewesen. Wenn sich dagegen herausstellt, dass der Pass, den Jatta vorlegte, nicht echt ist ist, wäre dies als Urkundenfälschung strafbar. Höchsttrafe sind zwar fünf Jahre Freiheitsstrafe, möglich wäre aber auch eine Geldstrafe.

Verliert der HSV die Punkte aus dem Spiel gegen Nürnberg?

Nürnberg beruft sich darauf, dass Jatta nicht spielberechtigt war, falls seine Spielberechtigung auf einen falschen Namen lautet. Der Einsatz eines nicht-spielberechtigten Spielers führt zwar in der Regel dazu, dass das Spiel mit 2:0 für die gegnerische Mannschaft gewertet wird. An eine jahrelange Identitätstäuschung hat hier aber sicher niemand gedacht. Der Ausgang des Verfahrens wäre also auch im Falle einer Täuschung sehr ungewiss.

Müssen auch noch andere HSV-Spiele überprüft werden?

Falls die fehlende Spielberechtigung im Spiel gegen Nürnberg ein Problem war, war sie dies auch in den drei Spielzeiten zuvor. Dem HSV drohen hier aber keine Sanktionen mehr. Einspruch gegen eine Spielwertung ist nämlich nur binnen zwei Tagen möglich.

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Erstellt:
14.08.2019, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 44sec
zuletzt aktualisiert: 14.08.2019, 06:00 Uhr

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