Metzingen

Hugo Boss: Mit neuer Lässigkeit aus der Krise

Der Metzinger Modehersteller vermeldet einen starken Umsatzeinbruch, blickt aber optimistisch auf das aktuelle Jahr. Nicht Anzüge sollen aus dem Tal helfen, sondern Freitzeitkleidung.

12.03.2021

Von CAROLINE STRANG

Hugo Boss hat im vergangenen Jahr einen Online-Umsatz von mehr als 200 Millionen Euro  erzielt. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Hugo Boss hat im vergangenen Jahr einen Online-Umsatz von mehr als 200 Millionen Euro erzielt. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Metzingen. Da musste Yves Müller erstmal lachen. Am Schluss der gestrigen Telefonkonferenz zur Bilanz der Hugo Boss AG fragte ein Journalist, wie der Vorstandssprecher denn gerade gekleidet sei. Müller hatte davor minutenlang darüber geredet, dass die Pandemie den Trend zu mehr Freizeitkleidung und weniger formalen Klamotten verstärkt. Unter dem Jacket trage er gerade einen Strickpullover, erzählt er. Er habe nicht einmal einen Gürtel um, sondern trage eine Tunnelzughose. Die sei sehr bequem. Insgesamt sehe er „vernünftig“ aus, sagt Müller noch.

Sein Beispiel zeigt, dass der durch Homeoffice und Kontaktbeschränkungen verstärkte Trend zu Freitzeitkleidung den ehemaligen Anzugspezialisten aus Metzingen nicht schreckt. Denn Anzüge machen inzwischen nur noch 20 Prozent des Umsatzes aus, 80 Prozent werden mit „Casual Wear“ verdient. Dessen Aufschwung will Müller nun weiterhin nutzen. Alle Initiativen des Unternehmens seien darauf ausgerichtet.

2020 als Bewährungsprobe

Insgesamt klang Müller bei der Bilanzpressekonferenz verhalten optimistisch. Das vergangene Jahr sei „zweifelsohne anspruchsvoll und außergewöhnlich“ gewesen, sagte er. Eine Bewährungsprobe, die die 14?000 Mitarbeiter weltweit trotz allem gut gemeistert hätten. Die Beeinträchtigungen der Geschäfte durch die Corona-Pandemie seien beträchtlich gewesen. „Weltweite Lockdowns führten zu weitreichenden vorübergehenden Storeschließungen. Hinzu kamen eine erhebliche Einschränkung des öffentlichen Lebens mit umfangreichen Social-Distancing-Maßnahmen sowie internationale Reisebeschränkungen.“

Diese Effekte hätten spürbar auf der operativen und finanziellen Entwicklung des Unternehmens gelastet. Der Umsatz sei in beispielloser Weise beeinträchtigt worden, sagt Müller. Im vergangenen Jahr waren im Durchschnitt rund ein Fünftel der weltweit mehr als 1000 Geschäfte vorübergehend geschlossen.

Das im Börsensegment MDax gelistete Unternehmen verzeichnete im Geschäftsjahr 2020 einen währungsbereinigten Umsatzrückgang von 31 Prozent. Mit 1,95 Milliarden Euro lag der Umsatz 33 Prozent unter dem Vorjahreswert.

Die negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie zeigten sich dabei nach Müllers Worten besonders in Europa und in Amerika. „In Asien hingegen kompensierte die zügige Erholung des Geschäfts auf dem chinesischen Festland einen Teil der Umsatz-rückgänge in den übrigen asiatischen Märkten.“

Müller sprach von einer guten finanziellen Ausgangsposition des Unternehmens vor der Krise. Es seien danach durch Einsparungen, weniger Investitionen und vorausschauende Steuerung des Lagerbestands rund 750 Millionen Euro an Cash Flow gehalten worden. Zugesicherte Kreditzusagen mussten laut Müller nicht in Anspruch genommen werden. Der deutliche Umsatzrückgang lastete auch auf der Ergebnisentwicklung. Das Ergebnis vor Steuer und Zinsen belief sich auf minus 126 Millionen Euro.

Sehr positiv entwickelte sich das Online-Geschäft mit einem Umsatzplus von 49 Prozent. „Erstmals in seiner Geschichte ist es Hugo Boss gelungen, auf Jahressicht Onlineumsätze von mehr als 200 Millionen Euro zu erzielen“, erklärte Müller. Er hofft auf 300 Millionen Euro bis Ende des Jahres. Global sei die Zahl der Mitarbeiter um 6 Prozent gesunken. Laut Müller gab es dabei keine betriebsbedingten Kündigungen. Das Verkaufspersonal sei bis vor kurzem komplett in Kurzarbeit gewesen, inzwischen sei ein Teil davon wieder wie vor der Krise beschäftigt.

Für dieses Jahr zeigt er sich optimistisch. Aktuell sei das globale Geschäft noch erheblich betroffen. „Wir sind aber zuversichtlich, dass sich das globale Einzelhandelsumfeld, beginnend mit dem zweiten Quartal, sukzessive verbessern wird.“ Müller rechnet mit einer spürbaren Erholung des globalen Geschäfts. Auch durch Markenbotschafter wie den Hollywood-Schauspieler Chris Hemsworth und die Zusammenarbeit mit der US-Sportswear-Marke Russell Athletic und mit der Profi-Basketballliga NBA.

Zum Artikel

Erstellt:
12.03.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 41sec
zuletzt aktualisiert: 12.03.2021, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport
Newsletter Recht und Unrecht
Sie interessieren sich für Berichte aus den Gerichten, für die Arbeit der Ermittler und dafür, was erlaubt und was verboten ist? Dann abonnieren Sie gratis unseren Newsletter Recht und Unrecht!