Mobilität

Mit Handy-Hilfe Innenstädte lebenswerter machen

Wissenschaftler tüfteln daran, Digitalität mit neuen Konzepten der Fortbewegung zu verbinden. Apps spielen eine zentrale Rolle.

08.07.2021

Von LENA BAUTZE

Beispiel für neue  Mobilitätskonzepte und Apps: Leihräder in Stuttgart. Foto: Fabian Freitag

Beispiel für neue Mobilitätskonzepte und Apps: Leihräder in Stuttgart. Foto: Fabian Freitag

Ulm. Ein Fahrrad ausleihen, wenn es gebraucht wird, um flexibel zu sein. In der Region Stuttgart ist das mit dem RegioRad möglich, die 200. Verleihstation ist gerade eröffnet worden. „Die Nutzung ist simpel: Man meldet sich auf www.regioradstuttgart.de, der RegioRadStuttgart-App oder telefonisch an“, sagt Simone Haug von der Stadt Stuttgart. Danach können die Räder, Pedelecs oder Lastenpedelecs ausgeliehen und an jeder beliebigen Station zurückgegeben werden.

Das Angebot ist ein Beispiel für den Boom der Mobilitäts-Apps. Laut einer Studie der Hochschule Neu-Ulm (HNU) in Zusammenarbeit mit dem Forsa-Institut nutzen 82 Prozent der Menschen solche Anwendungen. An erster Stelle stehen Angebote zur Navigation wie Google Maps mit 78 Prozent. Weit abgeschlagen sind Mögichkeiten für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Nur 25 Prozent der 1000 Befragten gaben an, die Anwendungssoftware der Deutschen Bahn zu nutzen, 23 Prozent die eines lokalen Verkehrsanbieters.

Doch gerade weil Apps immer wichtiger werden tüftelt auch die HNU an einer. Heiko Gewald ist Gesamtverantwortlicher des Projekts „Living City“ an der Neu-Ulmer Hochschule. Die Anwendung, die sein Team entwickelt, verfolgt zwar sehr unterschiedliche Ziele. Doch dahinter steckt der Ansatz, die Städte Ulm und Neu-Ulm lebenswerter zu machen: Erstens soll die App helfen, die Innenstädte wieder zu beleben. Zweitens sollen die Menschen zu einem gesünderen Leben animiert werden und drittens die Verkehrsproblematik nachhaltig verbessert werden.

Um die Ziele umzusetzen, hat die HNU Partner an Board wie das Donaubad, SWU Verkehr oder das Glacis-Galerie-Einkaufszentrum in Neu-Ulm. „Die Grundvorstellungen sind abgestimmt, doch konkrete Details gibt es noch nicht“, sagt Heiko Gewald. Er gibt jedoch Beispiele, was möglich sein kann: „Die Läden in der Innenstadt könnten beispielsweise mit Aktionen Kunden anlocken, wenn gerade wenig los ist. Oder der Nahverkehr könnte kostenlos sein.“

Die Auslastung der Innenstädte soll „Living City“ durch einen Infrarotsensor messen. „Das ist Datenschutzrechtlich kein Problem“, erläutert Gewald. Auch entwickelt die HNU gerade eine Wetterstation. Jeweils drei Messpunkte an der HNU, am Donaubad und an den Stadtwerken sollen „ein reales Wetter in Ulm und Neu-Ulm ermitteln.“ Damit können Aktionen der Partner besser geplant werden.

Das Thema Nachhaltigkeit spielt in der kostenlosen App eine große Rolle: „Wenn Menschen sich umweltbewusst verhalten, soll es auch eine Art Belohnung dafür geben“, sagt Gewald. Nutzen die Bewohner und Bewohnerinnen öfter das Fahrrad oder gehen zu Fuß und schonen so das Klima, werden ihnen Punkte gutgeschrieben. Dafür gibt es Rabatte in Läden und die Nutzerinnen und Nutzer klettern auf einer Rangliste in der App nach oben. „Momentan ist Living City noch in der Entwicklungsphase. Sie wird Ende dieses Jahres in den Test gehen“, sagt Gewald.

Die HNU ist nicht die einzige Hochschule, die mit einer App zum Klimaschutz beitragen will, auch andere Hochschulen forschen an Projekten – zum Beispiel Reutlingen. Die Stadt möchte bis 2040 klimaneutral werden. Diesen Ansatz fördert das baden-württembergische Wissenschaftsministerium mit sogenannten Reallaboren, die die Kooperation von Wissenschaft und Gesellschaft unterstützt. „Ein Hochschul-Campus ist wie eine Stadt im Kleinen und deshalb ideal geeignet, um innovative Konzepte in der Praxis zu erproben“, sagt Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne).

In den nächsten drei Jahren will die Hochschule in den vier Handlungsfeldern Energie, Gebäude/Betriebe, Mobilität und Handeln geeignete Wege zur Klimaneutralität erforschen, sagt Projektleiterin Sabine Löbbe vom Reutlinger Energiezentrum für Dezentrale Energiesysteme und Energieeffizienz der Hochschule Reutlingen. Zu den Maßnahmen, die untersucht werden, gehören eine städtische Strom-Gemeinschaft mit Photovoltaik- und Wasserstoff-Anwendungen. Auch forscht die Hochschule, wie sich städtische Gebäude und die Infrastruktur optimieren lassen.

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Erstellt:
08.07.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 49sec
zuletzt aktualisiert: 08.07.2021, 06:00 Uhr

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