Neustetten

Millionen Raupen fressen die Apfelbäume kahl

Die Apfelgespinstmotte hat rund um Rottenburg viele Obstwiesen befallen. Rechtzeitiges Spritzen hätte wohl geholfen.

25.06.2019

Von Werner Bauknecht

Diese grünen Äpfel in der Obernauer Obstanlage östlich von Nellingsheim werden nicht mehr reifen. Die Raupen der Apfelgespinstmotte haben den ganzen Baum eingesponnen. Bild: Werner Bauknecht

Diese grünen Äpfel in der Obernauer Obstanlage östlich von Nellingsheim werden nicht mehr reifen. Die Raupen der Apfelgespinstmotte haben den ganzen Baum eingesponnen. Bild: Werner Bauknecht

Berthold Kienzle ist aufrichtig erschüttert. Er steht an der Obst-Anlage östlich von Nellingsheim: „Sämtliche Bäume sind kahlgefressen. Die Gespinstmotte hat hier wirklich ganze Arbeit geleistet.“ Tatsächlich sind viele Bäume fast gänzlich ohne Blätter. Und die, die übrig sind, sind braun und in eine Art Kokon eingeschlagen: Nester der Apfelgespinstmotte.

Kienzle ist Fachwart im Obstbau. Anfang April hatte er bei Seebronn gemeinsam mit etwa 60 weiteren Obstbauern an einer Informationsveranstaltung des Landratsamts teilgenommen. Thema: „Was tun gegen die Apfelgespinstmotte (Yponomeuta malinellus)?“ Kreisobstbauberater Joachim Löckelt warnte damals vor dem starken Befall in diesem Jahr. Er behielt recht, wie die Obst-Anlagen im Stäble zeigen.

Dass die Raupen der Gespinstmotte dieses Jahr besonders geballt auftauchen, liegt zu einem großen Teil am Klima. Milde Winter begünstigen das Überleben der Raupen, heiße und trockene Sommer unterstützen den Falterflug der ausgeschlüpften Motten und damit die Ei-Ablage für das folgende Jahr. Der Befall erfolge immer regionsweise. „In Bondorf drüben ist keine Gespinstmotte zu sehen“, hat Kienzle festgestellt.

Welchen Schaden richten die Motten konkret an? Kienzle zeigt auf grüne Knospen unter den Gespinsten: „Wenn noch Knospen dran sind, ist der Baum nicht verloren.“ Die befallenen Äste können nach zwei bis drei Wochen noch einmal austreiben. Die Gehölze erleiden in der Regel nur einen so genannten Zuwachsverlust. Der wirtschaftliche Verlust bleibt: Die Apfelernte ist verringert oder kann gar komplett ausfallen. Ein Baum sei aber erst dann verloren, sagt Kienzle, wenn er über zwei oder mehr Jahre hinweg immer wieder massiv befallen wird.

Möglichkeiten der Vorkehrung hätte es gegeben, meint Kienzle. „Die Bekämpfung wäre gerade in der Zeit der Vorblüte möglich gewesen, wenn die ersten grünen Blättchen kommen.“ Denn da seien die Raupen aus ihren Winterverstecken gekrochen. Da biete sich das zugelassene Pflanzenschutzmittel BT (Bacillus thurigensis) an.

Die Bekämpfung sollte aber schon mit einem fachkundigen Winterschnitt beginnen, sagt Kienzle. Auch natürliche Feinde können für eine Reduzierung der Raupen sorgen. Dazu gehören zum Beispiel Schlupfwespen oder Raupenfliegen. Im Mai und Juni könne man dann nur noch die Gespinste entfernen – eine Heidenarbeit.

Gar nicht zufrieden ist Kienzle mit dem Engagement des Landratsamts. „Ich habe ein paar Mal da angerufen und auf den Befall durch die Motte aufmerksam gemacht“, berichtet er. Er habe keine Antwort bekommen.

Martina Guizetti, die Pressesprecherin des Landratsamts, weist den Vorwurf zurück, ihre Landwirtschaftsabteilung sei untätig gewesen. Aber: „Wir haben informiert. Wer einen Befall vermutet, kann uns einen Zweig bringen und untersuchen lassen. Aber wir können auch nicht jeden Tag vor Ort sein.“ Eine Meldepflicht für Gespinstmottenbefall gibt es nicht.

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Erstellt:
25.06.2019, 00:30 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 21sec
zuletzt aktualisiert: 25.06.2019, 00:30 Uhr

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