Nationalmannschaft

Mentale Stärke gefragt

Florian Wirtz, Karim Adeyemi und Jamal Musiala gelten als Mega-Talente. Werden sie dem öffentlichen Druck dauerhaft standhalten?

06.10.2021

Von CARSTEN MUTH

So jung und schon so gut. Jamal Musiala, Florian Wirtz und Karim Adeyemi agieren bereits als Teenager auf Spitzenniveau, sind in der Lage, den Unterschied auszumachen. Die drei Offensiv-Spezialisten stehen vor den anstehenden WM-Qualifikationsspielen am Freitag in Hamburg gegen Rumänien und am kommenden Montag in Nordmazedonien (beide 20.45 Uhr/RTL) inzwischen auch in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft im Blickpunkt. Der 18-jährige Jamal Musiala hat sein Können schon bei der EM im Sommer angedeutet. Im Starensemble von Rekordmeister Bayern München erhält er regelmäßige Einsatzzeiten. Musiala ist ein Instinkt-Fußballer, ein Dribbelkönig mit elegantem Bewegungsablauf, den Rekordnationalspieler Lothar Matthäus bereits als „den neuen Neymar“ handelt.

Als Mega-Talent gilt auch der schnelle wie technisch glänzende Florian Wirtz, 18, der beim Tabellenzweiten Bayer Leverkusen auf eine selbstverständliche Art und Weise Tore schießt und vorbereitet, dass es einem schlicht den Atem raubt. „Der Junge ist unfassbar gut“, sagt Bayer-Torwart Lukas Hradecky, der mit seinen 31 Lenzen schon viel im Profi-Fußball erlebt hat.

Beeindruckend tritt Karim Adeyemi auf. Auch er ist mit außergewöhnlichen individuellen Fähigkeiten ausgestattet, was Spieltempo, Torabschluss und den Mut betrifft, in Eins-gegen-Eins-Duelle zu gehen. Bei RB Salzburg übernimmt der 19-Jährige viel Verantwortung. Wie kürzlich beim 2:1 in der Champions League gegen Lille, als Adeyemi zwei Elfmeter verwandelte.

Bei seinem Länderspieldebüt? War er auf Anhieb erfolgreich. Beim 6:0 gegen Armenien in Stuttgart traf der Salzburger kurz nach seiner Einwechslung. Im kommenden Sommer dürfte der 19-Jährige RB Salzburg und Österreich verlassen. Wie der Sender Sky berichtet, haben etliche europäische Topklubs die Fühler nach dem Stürmer ausgestreckt.

Den Hochbegabten Karim Adeyemi, Jamal Musiala und Florian Wirtz wird jeweils eine große Zukunft vorausgesagt wird. Auch im DFB-Team. Bundestrainer Hansi Flick, so viel ist klar, hält große Stücke auf die Youngster, die dem Erwartungsdruck bislang erstaunlich relaxt standgehalten haben.

Liegt das an ihrer jugendlichen Unbekümmertheit? Durchaus, sagt Professor Jens Kleinert vom Psychologischen Institut der Deutschen Sporthochschule Köln. „Zudem sind die jungen Spieler Druck durchaus gewöhnt. Sie haben ja schon einige Jahre im Leistungsbereich hinter sich, in ihren Vereinen oder in den Jugend-Nationalteams. So ganz unvorbereitet sind sie nicht.“

Mentale Gesundheit im Fokus

Der Sportpsychologe weiß: Mit wachsendem Erfolg wächst das (mediale) Interesse an den Spielern weiter. Und die Fans sagen sich: Wer mit so viel Talent wie die Musiala, Wirtz und Adeyemi gesegnet ist, muss auch liefern. Keine einfache Situation. Die Spieler benötigen deshalb Unterstützung, betont Kleinert. Von älteren Kollegen in der Mannschaft, aus ihrem persönlichen Umfeld oder von Sportpsychologen in den Klubs. „Es gibt gute Techniken, die man anwenden kann, um den äußeren Druck nicht allzu sehr an sich herankommen zu lassen. Diese Techniken kann man erlernen, in speziellen Workshops oder Übungseinheiten.“

Die Sporthochschule in Köln betreut seit einigen Jahren sport-psychologisch sämtliche Jugendteams beim Bundesligisten 1. FC Köln. „Das gehört inzwischen bei vielen Klubs zur Selbstverständlichkeit.“ Wobei Sportpsychologe Jens Kleinert klarstellt, dass es sich um freiwillige Angebote für die Spieler handle. Kein Jugendspieler werde gezwungen, Gespräche mit einem Sportpsychologen oder einer Sportpsychologin zu führen.

Einen Trend hin zu immer mehr blutjungen Kickern im Spitzenbereich sieht der Wissenschaftler der Kölner Sporthochschule nicht. Es gebe eben mal mehr, mal weniger Talente. Das sei an sich nichts Besonderes. „Ich finde es aber toll, dass wir augenscheinlich wieder Spieler mit solchem Potenzial in der Nationalmannschaft haben.“

Es komme darauf an, die Talente gut zu begleiten. Erfahrene Mitspieler könnten den Nachwuchskräften dabei helfen, Übersicht und Besonnenheit zu bewahren, Rückschläge besser einzuordnen. Grundsätzlich, und das sei gut, habe sich der Blick auf die mentale Gesundheit der Profifußballer verstärkt. „Nur wer mental gesund ist, kann auch gute Leistungen bringen“, sagt Kleinert.

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Erstellt:
06.10.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 55sec
zuletzt aktualisiert: 06.10.2021, 06:00 Uhr

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