Tübingen
Martialische Schau
Die Stadt Rottenburg hat eine Patenschaft mit dem Jägerbataillon 292 der Bundeswehr geschlossen. Zur offiziellen Unterzeichnung wurde militärisches Gerät vor der Zehntscheuer gezeigt.
Operettenuniformen und Militärmusik, Aufmarsch am Volkstrauertag und an Fronleichnam, Salutieren vor Bischof und OB – die Rottenburger Bürgerwache wirkt zwar reaktionär, aber ungefährlich. Jetzt dagegen wird’s bedrohlich: Soldaten in Kampfmontur mit Maschinenpistolen (hoffentlich nicht entsichert!) und gepanzertem Radfahrzeug vor der Zehnscheuer.
Initiator der martialischen Schau ist ein junger Gemeinderat (gedient!), der die Fakten verdreht: Der Ukrainekrieg habe die Wichtigkeit der Armee bewiesen. Im Gegenteil: Gerade dieser Krieg zeigt, wie wichtig vertrauensbildende Maßnahmen und (militärische) Deeskalation sind. Nicht Entspannungspolitik hat zum russischen Angriff geführt, sondern ihr Fehlen.
Patenschaften von Kommunen für Militäreinheiten waren in Kaiserreich und Faschismus gang und gäbe. Insofern wirkt die Rottenburger Inszenierung wie aus der Zeit gefallen. Oder etwa doch nicht? Die Militarisierung von Gesellschaft und Außenpolitik erfolgt gegenwärtig mit atemberaubender Geschwindigkeit. In Donaueschingen probte das Jägerbataillon 292
sogar mitten in der Innenstadt für den Mali-Einsatz. Der militaristische Unfug muss gestoppt werden, meint – natürlich aus Tübingen: