Urlaub
Lust auf die große Freiheit
In der Pandemie entdecken viele Reisewillige Wohnwagen und Reisemobile für sich. Die Hersteller freut es. Experten geben Tipps für die erste Fahrt.
Ulm. Hotel mit Buffet? Zu viele Menschen. Flug auf die Lieblingsinsel? Zu lange Maske tragen. Fahrt mit dem Kreuzfahrtschiff? Unsicher, in welchen Regionen ein Landgang möglich ist. So oder so ähnlich dürfte in diesem Jahr in vielen Wohnzimmern die Urlaubsdiskussionen ausgesehen haben. Nicht nur passionierte Camper kamen schlussendlich auf die Idee, ihren Urlaub im Caravan oder Wohnmobil zu verbringen. Das gestiegene Interesse spürt auch Claas Lampe vom Deutschen Caravanverband. „Die Nachfrage ist groß“, sagt der Verbandspräsident. Vor allem junge Leute interessierten sich vermehrt für Wohnmobile und Co. Gefragt seien dabei hauptsächlich Einsteigermodelle für bis zu 60?000 Euro.
Aber nicht jeder legt sich gleich ein eigenes Campmobil zu. Auch die Zahl derer, die mieten möchten, ist gestiegen. „Hier gibt es einen extrem hohen Bedarf“, sagt Daniel Rätz vom Caravaning Industrie Verband (CVID). Bis zu einem Drittel der produzierten Fahrzeuge gehe in die Vermietung. „Die Hersteller sind am Limit.“ Wartezeiten von sechs Monaten seien keine Seltenheit. Das bestätigen auch die Unternehmen Carthago und Hymer, die jeweils volle Auftragsbücher vorweisen können.
Doch was muss ein Camp-Neuling beachten bevor er in den ersten Urlaub auf Rädern startet?
Zuallererst sollte geklärt werden, welches Modell gefahren werden darf. „Wer seinen Auto-Führerschein nach dem 1. Januar 1999 gemacht hat, darf maximal ein Fahrzeug mit 3,5 Tonnen Gewicht fahren“, erklärt Rätz. Das sei auch ein Grund warum die Fahrzeuge kompakter werden, das senke die Hemmschwelle für jüngere Neukunden. Ein weiterer Vorteil für Einsteiger: Das Rangieren werde so bedeutend einfacher.
Wichtig sei zudem, sich über die Gegebenheiten am Urlaubsort und gegebenenfalls auf der Strecke zu informieren, rät Lampe. „Welche Art von Camping ist erlaubt? Das ist nicht einmal in Deutschland einheitlich geklärt.“ Der Mythos, dass auf jedem Parkplatz ein Wohnmobil über Nacht abgestellt werden darf, stimme definitiv nicht. „In Schottland und Skandinavien darf überall geparkt werden.“ In den südlichen Ländern Europas dagegen nicht. Einsteiger sollten bei ihrer Route darauf achten, möglichst breite und große Straßen zu wählen und sich über die Maße ihres Gefährts im Klaren zu sein, rät der ADAC.
Auch beim Packen gilt es einiges zu beachten. Schwere Dinge sollten im Bereich der Achse platziert werden, leichte Gepäckstücke können dagegen während der Fahrt auch unter dem Dach lagern. Alles in allem muss jedoch das Maximalgewicht eingehalten werden, gibt der ADAC zu bedenken. Eine Überladung kann gefährlich und teuer werden.
Wer sich ein Wohnmobil oder einen Wohnwagen kauft, sollte sich auch über die Überwinterung Gedanken machen, rät Rätz. Solch ein Kauf sei in den meisten Fällen eine langfristige Investition, allein aufgrund der hohen Kosten. „Das ist kein Spontankauf.“ Daher seien die Käuferinnen und Käufer meist gut informiert und keine Neulinge. Während sich Ehepaare über 50 beim Kauf meist für Wohnmobile entschieden, sei die meist auch günstigere Variante – der Wohnwagen – bei jungen Familien beliebt.
Alles in allem gehe der Trend zu mehr Individualität und modernen Designs, berichtet Rätz. „Auch die Ausstattung wird komfortabler. Das Klischee vom spartanischen Reisen trifft nicht mehr zu. „Fingerabdruck-Scanner anstelle von Schlössern, Rangierhilfen und eine App zum Überwachen der Gas-Flasche seien keine Seltenheit mehr. „Der Komfortgedanke nimmt immer mehr zu“, resümiert Rätz. E-Mobilität sei jedoch noch kein Thema. „Das liegt an der fehlenden Reichweite der E-Modelle und dem großen Gewicht der Reisefahrzeuge. Das ist bislang nicht praktikabel.“
Entscheidend ist für Claas Lampe, „mit einer ordentlichen Portion Ruhe und Gelassenheit an die Sache ranzugehen“. Der erste Stau auf der Autobahn bringe ihn mittlerweile nicht mehr aus der Ruhe. Und auch das Einparken auf Campingplätzen klappe letzlich immer. „Camper helfen sich untereinander bei Problemen. Das heißt aber auch, dass jeder etwas dazu beitragen sollte.“